Liebe Alle?!

Ich kriege regelmäßig die Krise, wenn ich Beiträge von Sprachprofis (!) lese, die an eine größere Gruppe Leute gerichtet sind (etwa in Online-Foren) und mit „Liebe Alle” beginnen. Abgesehen davon, dass mich die Anrede, wohl eine direkte Übersetzung des englischen „Dear all”, nicht so wahnsinnig glücklich macht, fällt es mir schwer zu glauben, dass ausgerechnet Sprachprofis nicht wissen, wie man alle schreibt. Genau: Dieses Wort wird kleingeschrieben. Ebenso verhält es sich mit eine(e), andere(r), viel(e), wenige, meiste.

Beispiele:

Die eine oder andere wird sich sicher dazu bereit erklären.
Die meisten haben wieder mal keine Zeit.
Soll das doch wer anderer machen!
Ich ersuche alle, pünktlich zur kommenden Sitzung zu erscheinen.
Die meisten sind mit wenigem zufrieden.

In meinem Dudenbüchlein „So schreibt man jetzt!” ist nachzulesen, dass ausnahmsweise dann großgeschrieben werden darf, wenn das Adjektiv nicht als unbestimmtes Zahlwort verstanden werden soll. Als Beispiele werden folgende angeführt:

Der Präsident strebte etwas ganz anderes, auch Anderes (etwas Andersartiges/völlig Neues) an.
Es sind viele, auch: Viele dafür, die meisten, auch: Meisten sind aber dagegen. 

Auch wenn besonders im ersten Satz die Großschreibung logischer erscheint, würde ich mir als Faustregel die Kleinschreibung der oben genannten Zahlwörter merken.

Alle anderen Zahladjektive, die den Indefinitpronomen (unbestimmte Fürwörter) nahestehen, werden großgeschrieben. Dazu gehören unter anderem: jede Einzelne, jeder Einzelne, das Ganze, als Ganzes, das Geringste, alles Mögliche, alles Übrige, allerhand Verschiedenes, alles Weitere etc.