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Von deutschen Adventskalendern und österreichischen Adventkalendern

Aus gegebenem Anlass: Warum sagt man in Österreich Adventkalender und in Deutschland Adventskalender? Das liegt an der unterschiedlichen Verwendung des so genannten Fugen-s. Dieses s steht zwischen mehreren Wörtern, die gemeinsam ein Kompositum ergeben. Meistens sind das Substantive, Infinitive, Adjektive etc. Beispiele: Museumsleiterin, freiheitsliebend, hoffnungsvoll.

Die Verwendung des Fugen-s ist eine relativ komplizierte Angelegenheit und auf mehreren Seiten beispielsweise im Duden-Band Nr. 9 nachzulesen. Es gibt Fälle, wo kein Fugen-s verwendet wird, wie z. B. bei Zusammensetzungen mit femininen Fremdwörtern, die auf -ur oder -ik enden:
Kulturfilm, Naturkunde, kritiklustig

Während die Behörden bei den Steuern das Fugen-s einsparen und Einkommensteuer sagen, ist beim gemeinen Volk die Schreibweise Einkommenssteuer durchaus korrekt und üblich. Wenn der zweite Bestandteil des Kompositums das Wort Straße ist, ist die Schreibung mit oder ohne Fugen-s korrekt: Bahnhofstraße oder Bahnhofsstraße.

Und wie ist das nun mit dem deutschen Adventskalender und dem österreichischen Adventkalender?
Bei Zusammensetzungen mit Advent schreibt der Duden, dass ein Fugen-s zu stehen hat, weist aber gleichzeitig darauf hin, dass diese Wörter in Österreich ohne Fugen-s geschrieben werden.

In diesem Sinne: schöne Weihnachtszeit, da wie dort mit Fugen-s!

Singular oder Plural bei Mengenangaben?

Heute mal ein Thema, das nicht wirklich orthografischer Natur ist, aber dennoch sehr oft für Schwierigkeiten sorgt. Es dreht sich um die Frage, ob bei Mengen- und Prozentangaben das Verb im Singular oder im Plural verwendet werden muss.

Wie heißt es richtig?

Nur 1,5 % der aufgegebenen Koffer geht verloren.

oder

Nur 1,5 % der aufgegebenen Koffer gehen verloren.

Während hier umgangssprachlich oft der Singular verwendet wird, ist standardsprachlich nur der Plural richtig.
Also: Nur 1,5 % der aufgegebenen Koffer gehen verloren.

Analog verhält es sich mit Bruchzahlen (Ausnahme: die Hälfte/ein Drittel etc. – Singular!) und Dezimalzahlen. Bei 1 % wird natürlich auch immer der Singular verwendet.  Die oben beschriebene Regel gilt wohlgemerkt nur bei Mengenangaben im Genitiv.

Wenn nach der Mengenangabe allerdings ein Substantiv im Nominativ (also im 1. Fall) steht, ist nur der Singular des Verbs korrekt:
15 % Strom wird aus erneuerbaren Quellen gewonnen.

Die Stellung des Reflexivpronomens „sich“

Vor kurzem wurde mir die knifflige Frage gestellt, ob es zwischen Deutschland und Österreich Unterschiede bei der Positionierung des Reflexivpronomens sich gäbe. Darauf wusste ich keine Antwort, zumal es sich hier weniger um eine orthografische als um eine grammatikalische Frage handelt. Der Grammatik-Duden weiß natürlich Bescheid, liefert aber keinerlei Hinweise auf eine unterschiedliche Verwendung in Österreich und Deutschland.

Im heutigen Sprachgebrauch wird das Reflexivpronomen sich möglichst weit nach vorne gezogen. Im Nebensatz steht es also nach dem Einleitewort und im Hauptsatz nach dem Verb:

Sich im Nebensatz: Das Publikum klatschte, als sich der Künstler verbeugte.
Sich im Hauptsatz: Heute hat sich meine Freundin verletzt.

Häufig wird eine andere Wortstellung verwendet – auch diese Möglichkeit ist erlaubt, wobei diese Variante hauptsächlich in der geschriebenen Sprache verwendet wird und weniger in der gesprochenen:

Sich im Nebensatz: Das Publikum klatschte, als der Künstler sich verbeugte.
Sich im Hauptsatz: Heute hat meine Freundin sich verletzt.

Wie schreibe ich Zahlen in Wörtern?

Manchmal ergibt sich der Bedarf, Zahlen in Buchstaben anzuschreiben, etwa bei Verträgen. Wie schreibt man in so einem Fall korrekt?

Kardinalzahlen unter einer Million werden im Deutschen stets klein- und zusammengeschrieben: eins, fünfzig, dreihundert, achtundneunzig.

Das gilt auch dann, wenn der Kardinalzahl ein Pronomen, ein Artikel oder ein Zahlwort vorangehtauch wenn die Verbindung wie eine Substantivierung aussieht:
ihr drei, diese fünf, alle sieben.

Anders verhält es sich, wenn wir es mit einer tatsächlichen Substantivierung zu tun haben: Sie wurde beim Rennen Zweite.

Sobald eine Million im Spiel ist, wird die Million großgeschrieben und der Rest klein: eine Million dreihunderttausend Euro.

Noch mehr fremdsprachige Plurale …

Weil es so schön ist und weil ich knifflige Fragen dazu bekommen habe, geht es heute gleich weiter in Sachen Plural bei Fremdwörtern. Ich zitiere hier den Grammatik-Duden (für Sprachfans immer eine Lektüre wert).

Substantive aus dem Englischen (und aus anderen Sprachen) haben im Deutschen sehr oft s-Plurale. Es wird also unabhängig von der korrekten Schreibweise in der Ausgangssprache im Deutschen oft ein -s drangehängt, z.B. wird aus dem Singular Niveau im Plural Niveaus, obwohl es im Französischen niveaux heißt. Auch bei Sprachen, die kein Plural-s kennen, wird bei der Verwendung im Deutschen einfach ein -s angefügt, Beispiel Sauna Saunas (finnisch).

Der s-Plural wird allerdings vermieden, wenn der Singular auf einen s-Laut endet, also z.B.

der Boss – die Bosse (obwohl es im Englischen sehr wohl the bosses heißt)
die Box – die Boxen (Englisch: the boxes)
das Interface – die Interface (obwohl derzeit überwiegend noch die Interfaces in Verwendung ist)

Kein Plural-s steht in der Regel bei englischen Fremdwörtern, die auf -er enden:
der Computer – die Computer
der Discounter – die Discounter
der Jogger – die Jogger
der Scanner – die Scanner

Wer sich eine ungefähre Regel merken möchte, hängt einfach im Zweifelsfall an das Fremdwort im Plural ein -s hintendran. Verlasst euch auf euer Sprachgefühl, das hoffentlich beim Plural die Joggers aufschreit und nach die Jogger verlangt.