Category Archives: Kommasetzung/Beistrichsetzung

Gar nicht so relativ

Geox_RelativsatzHurra, die Welt des Bloggens hat mich wieder! Nach dieser längeren Sendepause bietet es sich an, wieder zu den Basics, wie es Neudeutsch so schön heißt, zurückzukehren: nämlich zu den Relativsätzen.

Relativsätze sorgen für viele Probleme bei der Rechtschreibung (hier: Kommasetzung), was mich wundert, zumal uns wahrscheinlich allen noch die alte Regel in Erinnerung ist, die wir in der Volksschule/Grundschule mal gelernt hatten: Wenn sich das Wörtchen der, die oder das mit welcher, welche oder welches ersetzen lässt, haben wir es mit einem Relativsatz zu tun. Dabei ist besonders zu beachten, dass im Fall eines sächlichen Substantivs das Relativpronomen das lauten muss … und niemals die Konjunktion dass verwendet werden darf. Nach dem Substantiv, auf das sich das Relativpronomen bezieht, muss ein Komma stehen. Hier ein paar Beispiele; das Relativpronomen ist unterstrichen:

Der Auftrag, der mir durch die Lappen gegangen ist, wäre sehr lukrativ gewesen.

Die Katze, die ständig auf meinem Schreibtisch herumliegt, ist supersüß.

Das  Kleid, das ich kürzlich gekauft habe, steht mir gut.

Vielleicht spricht sich diese Regel irgendwann auch mal beim Unternehmen „Geox” herum. Kreative Freiheit beim Texten in Ehren, aber die Regeln der Grammatik und Rechtschreibung hebelt sie nicht aus. Der Slogan, der auch mit korrektem Komma nichts an seiner Einprägsamkeit verliert, muss lauten: Der Schuh, der atmet.

Einschübe mit Gedankenstrichen

Dog ideaEine Frage für Fortgeschrittene ist die Verwendung von Gedankenstrichen bei Einschüben und die Handhabung der anderen Satzzeichen, konkret der Kommas. Hier die wichtigste Regel dazu:

Einschübe mit Gedankenstrichen verändern die sonstige Zeichensetzung nicht. Entfernt man den Einschub samt Gedankenstrichen, muss ein Satz mit korrekter Zeichensetzung übrig bleiben.

Er kam – man staune – um zwei Stunden zu spät.

Ich hoffe – und zwar sehr –, dass es dir besser geht.

Sie reisten überstürzt – keine Ahnung, warum – mit dem ersten Flugzeug ab.

Das war’s für heute … kurz und hoffentlich schmerzlos.

Es gibt nichts Gutes, außer…

Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Dieses Zitat aus der Feder von Erich Kästner wird derzeit von der Billig-Supermarktkette Hofer verwendet, die es sich zum Ziel gesetzt hat, „unsere gemeinsame Welt Stück für Stück besser zu machen”. Ob da mehr dahintersteckt als das beliebte Deckmäntelchen „Corporate Social Responsibility”, sei dahingestellt.

Ich nehme dieses Zitat auf jeden Fall zum Anlass, die Kommasetzung rund um das Wort außer unter die Lupe zu nehmen.

Wenn nach der Konjunktion oder Präposition außer eine nachgetragene Erklärung anschließt, wird mit Kommas abgetrennt bzw. eingeschlossen.

Ich bin, außer am Wochenende, telefonisch gut erreichbar.

Ich bin telefonisch gut erreichbar, außer am Wochenende. 

Ich bin für niemanden zu sprechen, außer für meine Katze.

Dabei liegt es oft in unserem eigenen Ermessen, ob wir etwas durch das Komma als Zusatz bzw. Nachtrag kennzeichnen möchten. Deshalb darf es ebenso folgendermaßen heißen:

Ich bin außer am Wochenende telefonisch gut erreichbar.

Ich bin telefonisch gut erreichbar außer am Wochenende.

Ich bin für niemanden zu sprechen außer für meine Katze.

Wenn wir uns für die Variante ohne Komma entscheiden, wird das außer in den Ablauf des Satzes einbezogen, wie das so schön heißt. Ich finde die oben genannten Sätze mit Komma(s) besser strukturiert.

Kommapflicht herrscht, wenn nach außer die Konjunktion als, dass, wenn etc. folgt. Das Komma steht dann vor außer:

Ich weiß wenig, außer dass ich nichts weiß.

Er spricht selten, außer wenn er etwas getrunken hat.

Der letzte Fall entspricht dem Zitat von Erich Kästner: Das Wort außer leitet einen Nebensatz ein, weshalb ein Komma gesetzt werden muss:

Die Veranstaltung beginnt pünktlich, außer die Vortragende verspätet sich.

Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.

Noch und nöcher

Unlängst las ich in meiner bevorzugten deutschsprachigen Zeitung eine sprachlich gelungene Aufzählung, in der drei Mal das Wort noch vorkam. Allerdings war diese Konstruktion mit Kommas verbunden, was falsch ist – egal, mit wie vielen *nöchern wir es zu tun haben. Eingeleitet werden diese Konstruktionen immer mit dem Wort weder. Grundsätzlich handelt es sich um das Paar weder/noch, aber es spricht nichts dagegen, mehrere nochs dranzuhängen.

Beispiele für die Aufzählung:

Ich habe weder Lust noch Laune noch Geld noch Zeit für solche Dinge.
Weder die SPÖ noch die Grünen noch die ÖVP sind kompromissbereit.

Gleiches gilt auch bei gleichrangigen Nebensätzen:

Sie sagte, weder habe sie davon gewusst noch habe sie den Brief bekommen noch sei sie zu Hause gewesen.

Freigestellt ist die Kommasetzung bei beigeordneten Hauptsätzen:

Weder fährt sie Auto[,] noch kann sie Rad fahren[,] noch will sie es lernen.

Das Foto zeigt übrigens einen Obststand in Tulum, Mexiko, an dem Kokosnüsse und Ananasse noch und nöcher zu haben sind. Ja, genau: Ananas hat zwei mögliche Pluralformen: die Ananas und die Ananasse.

Knifflige Kommafragen

Vor einiger Zeit erreichten mich zwei Kommafragen, die ich hier öffentlich behandeln möchte.

Konkret geht es um Infinitive mit zu, auch Infinitivgruppen genannt, über die ich bereits mehrfach geschrieben habe (etwa hier und  hier), in Verbindung mit und.

Ein Beispielsatz sah in etwa so aus:

Die Katzenmama ist zuversichtlich, ihre Blumen vor der Katze retten zu können(,) und reduziert ihre Wachsamkeit.

Wie die Klammern bereits andeuten, lautete die Frage, ob nach zu können ein Komma stehen muss. Das Entscheidende ist hier aber das Komma nach zuversichtlich: Es ist ein optionales Komma. Warum? Weil die Infinitivgruppe retten zu können weder mit einem Substantiv, einem hinweisenden Wort wie es noch einem der folgenden Wörter eingeleitet wird: um, ohne, statt, anstatt, außerals (nähere Ausführungen dazu siehe hier). Wenn es gesetzt wird, muss auch das zweite nach zu können gesetzt werden. Also entweder zwei Kommas oder gar keines. Die beiden möglichen Varianten lauten demnach:

Die Katzenmama ist zuversichtlich ihre Blumen vor der Katze retten zu können und reduziert ihre Wachsamkeit.

Die Katzenmama ist zuversichtlich, ihre Blumen vor der Katze retten zu können, und reduziert ihre Wachsamkeit.

Zweiter Satz:

Die Katze mobilisiert derzeit alle ihre Ressourcen, um ihr Verhalten zu ändern(,) und ihre Katzenmama glücklich zu machen.

Auch hier lautete die Frage, ob das eingeklammerte Komma stehen muss oder kann. Das erste Komma nach Ressourcen ist hier zwingend vorgesehen, weil sich die Infinitivgruppe auf dieses Substantiv bezieht. Das Komma nach zu ändern ist nicht korrekt, da es sich um eine Aufzählung mit und handelt. In diesem Fall besteht die Aufzählung nicht aus Substantiven oder etwa Hauptsätzen, sondern aus Infinitivgruppen (also Infinitiven mit zu).

Ich hoffe, ich habe diese kniffligen Fälle einleuchtend erklärt. Illustriert sind sie durch meine Haus- und Hofkatze Junia, die tatsächlich gerne an Blumen knabbert.