Category Archives: Kommasetzung/Beistrichsetzung

Nach der Wahl ist vor der Wahl

In den letzten Wochen war bei mir einiges los: sehr viele Übersetzungsaufträge, ein Dolmetscheinsatz, intensive Verbandsarbeit für UNIVERSITAS Austria, Abschluss meines zweiten Studiums. Nun bin ich auch schon wieder auf dem Sprung in die USA, wo ich einen Monat verbringen werde. Unter anderem werde ich am Tag der Präsidentschaftswahlen in den USA sein … und hoffentlich 100 Dollar von einer Freundin kassieren, sofern „mein” Kandidat gewinnt. Das Bild zeigt Obama und Romney am Anfang der ersten Fernsehdebatte.

Mal sehen, wie es dann nach der Wahl weitergeht. In diesem Zusammenhang tauchen in den Medien immer wieder Kommafehler auf, wenn ein Satz mit nach eingeleitet wird. Sofern es sich um keinen Nebensatz handelt (erkennbar am Verb), ist es in der Regel eine adverbiale Bestimmung, nach der kein Komma gesetzt werden darf.

Folgender Satz ist demnach falsch:

* Nach der Wahl zum Präsidenten, geht das Polit-Hickhack in die nächste Runde.

Ebenso falsch:

* Nach einem intensiven und kräftezehrenden Wahlkampf, wird der Sieger kaum Gelegenheit zum Verschnaufen bekommen.

Merke: Wenn nach eine adverbiale Verbindung (auch Umstandsangabe) einleitet, darf kein Komma stehen.

Wenn es sich um einen Nebensatz handelt, der meistens mit nachdem eingeleitet wird, muss sehr wohl eines stehen. Beispiele (das Verb des Nebensatzes ist unterstrichen):

Nachdem die Wahl geschlagen ist, geht das Polit-Hickhack in die nächste Runde.

Nachdem die Kandidaten einen intensiven Wahlkampf absolviert haben, wird der Sieger kaum Gelegenheit zum Verschnaufen bekommen.

In diesem Sinne wünsche ich uns ein spannendes Wahlkampf-Finale, das ich hoffentlich hautnah miterleben werde!

 

Kommasetzung bei „aber“

Nach einer weiteren Woche Zeitungslektüre und Korrektoratsfreuden kann ich wieder einmal bestätigen: Kaum jemand hat heutzutage fundierte Kenntnisse im Bereich Kommasetzung. Das verstehe ich insofern nicht, als die Kommasetzung im Vergleich etwa zur Groß-/Kleinschreibung und der Zusammen-/Getrenntschreibung mit der Reform am wenigsten Änderungen erlebt hat. Vielmehr ist bei der Kommasetzung einiges leichter geworden als früher. Bei etlichen Fällen, wo früher zwingend ein Komma stehen musste, ist heute Wahlfreiheit angesagt. Die am häufigsten auftretenden Fehler zeigen mir aber, dass es sich um grundsätzliche Fehler handelt, die nichts mit der Rechtschreibreform zu tun haben. Oft werden die armen Kommas offensichtlich nach Gefühl gesetzt … mit haarsträubenden Ergebnissen. Wie sagte schon mein Deutschlehrer: „Heben Sie sich die Gefühle für Ihr Privatleben auf!” Ein richtig guter Rat, finde ich.

Wenden wir uns einem, wie ich finde, banalen Thema zu, nämlich der Kommasetzung bei der Konjunktion aber. Dieses Wörtchen kann natürlich in sehr unterschiedlicher Art und Weise verwendet werden, aber wir konzentrieren uns überwiegend auf die häufigste Verwendung, nämlich jener als adversative (entgegensetzende) Konjunktion. Kaum jemand hält es für notwendig, vor aber ein Komma zu setzen. Allerdings muss da eines stehen.

Bei den folgenden Beispielen leitet aber einen beigeordneten und verkürzten Satz ein:

Ich habe Hunger, aber keinen Durst.

Sie ist zwar jung, aber erstaunlich gebildet.

Das Duo ist hart, aber herzlich.

Auch dann, wenn aber einen Hauptsatz einleitet, muss immer ein Komma stehen:

Ich habe Hunger, aber ich habe derzeit keinen Durst.

Sie ist zwar jung, aber sie ist erstaunlich gebildet.

Das Duo ist hart, aber es ist auch herzlich.

Wenn zusätzliche Attribute mit aber abgetrennt werden, muss ebenso ein Komma stehen:

Ich habe eine kleine, aber schöne Wohnung.

Wenn die entgegensetzende Konjunktion aber in den Ablauf des Satzes eingebunden ist, darf kein Komma stehen. Wohlgemerkt treten diese Fälle vergleichsweise selten auf. Die Beispiele unten kommen meines Erachtens überwiegend in der gesprochenen Sprache vor:

Dein neuer Freund spricht aber nicht viel.

Das haben wir aber immer so gemacht.

Aber bitte ohne Rechtschreibfehler!

Aber hallo! Was tust du da?

Übrigens: Das hübsche Bild habe ich bei www.toonpool.com erstanden, wo es viele schöne Comics zu erschwinglichen Preisen gibt.

Kommasetzung: zurück an den Start

Heute feiern wir ein kleines Jubiläum: Dieser Beitrag ist der 200. Artikel zum Thema Rechtschreibung.

Da ist es nur schlüssig, dass wir uns dem Thema widmen, das wohl für die größten Schwierigkeiten bei der Rechtschreibung sorgt. Genau, es geht um die Kommasetzung, in Österreich auch Beistrichsetzung genannt. Wenn ihr hier rechts auf die entsprechende Kategorie klickt, könnt ihr alle Artikel, die bisher zu diesem Thema veröffentlicht wurden, nachlesen. Zum Teil geht es um sehr allgemeine Fragen der Kommasetzung. Andere Artikel sind für Fortgeschrittene gedacht.

Allerdings ist mir aufgefallen, dass ich noch keinen Artikel über die absoluten Grundlagen der Kommasetzung geschrieben habe. Und weil es stets ganz ratsam ist, am Anfang anzufangen, möchte ich das hiermit nachholen. Diejenigen unter euch, die ein wenig Ahnung von der Kommasetzung haben, werden über die folgenden Ausführungen wahrscheinlich schmunzeln. Aber wer weiß, vielleicht ist die eine oder andere Überraschung dabei …

Los geht’s!

1. Kommas dienen im Deutschen dazu, den Satz zu gliedern, damit er leichter lesbar ist. Sie verdeutlichen die Konstruktion des Satzes, etwa indem ein Zusatz oder Nebensatz vom Hauptsatz getrennt wird.
2. Daraus folgt (zum Leidwesen vieler), dass die korrekte Kommasetzung Basiskenntnisse in Grammatik voraussetzt. Wer einen Hauptsatz nicht von einem Nebensatz unterscheiden kann, wird auch nicht wissen, ob und wo ein Komma zu setzen ist.
3. Es wird dringend davon abgeraten, nachträglich Kommas zu setzen. Zu welchen Ergebnissen das führt, lese ich jeden Tag in der Zeitung, in Online-Medien und in der Korrespondenz, die ich erhalte.

Machen wir es heute ganz einfach und sehen wir uns an, wann kein Komma gesetzt werden darf.

Gewöhnliche Satzglieder dürfen nicht mit Kommas abgetrennt werden. Was ist nun ein gewöhnliches Satzglied? Nun, alle die Elemente, nach denen mit den folgenden Fragen gefragt werden kann: Wer tut etwas? Was tut diese Person? Wen oder was betrifft die Handlung dieser Person?

Beispiel: Ich lese die Zeitung.

Ich (wer tut etwas?) lese (was tut diese Person?) die Zeitung (was liest diese Person?).

Auch wenn sogenannte Umstandsangaben (auch adverbiale Bestimmungen genannt) dazukommen, nach denen etwa mit „wie”, „wo”, „wann” gefragt werden kann, dürfen keine Kommas gesetzt werden. Auch diese Umstandsangaben sind gewöhnliche Satzglieder und dürfen nicht abgetrennt werden.

Ich lese jeden Morgen beim Frühstück mit großem Interesse mehrere Zeitungen in meiner Küche.

Eine häufige Fehlerquelle besteht darin, nach einer längeren Umstandsangabe ein Komma zu setzen. Bitte widersteht dieser Versuchung! Im unten stehenden Beispiel darf an keiner Stelle ein Komma gesetzt werden.

Nach einer langen in einer Bar durchgefeierten Nacht lese ich am Morgen mit großem Interesse die Zeitung.

Das Duo „weder/noch“

Heute las ich in der Zeitung ausnahmsweise mal eine korrekte Kommasetzung:

Weder dementieren wir das, noch bestätigen wir es.

Allerdings: Der Satz wäre genauso richtig gewesen, wenn da kein Komma gestanden wäre. Warum?

In diesem Fall haben wir es mit der Verbindung von zwei Hauptsätzen zu tun. Das Komma vor noch ist optional. Richtig ist also auch die folgende Schreibweise:

Weder dementieren wir das noch bestätigen wir es.

Mir gefällt die Lösung mit Komma viel besser, weil dadurch der Satz strukturierter und besser lesbar wirkt.

Anders verhält sich das Ganze, wenn das Duo weder/noch als so genannte mehrgliedrige Konjunktion aufgezählte Satzteile verbindet:

Ich habe weder Hunger noch Durst.
Er kann weder rechnen noch rechtschreiben.

Bei den oben genannten Beispielen wäre ein Komma vor noch wohlgemerkt falsch.

Wenn eine Aufzählung mit weder/noch nachgestellt ist, muss vor weder ein Komma stehen.

Ich brauche nichts, weder etwas zu essen noch etwas zu trinken.
Er kann nichts, weder rechnen noch rechtschreiben.

Genau genommen … mit oder ohne Komma?

Formulierungen, die mit genau genommen, streng genommen oder auch mit im Grunde genommen anfangen oder ebendiese Formulierungen beinhalten, sind relativ häufig. Als ich eine davon gestern in der Zeitung las, stolperte ich über das Komma. Der Satz lautete ungefähr so:

Genau genommen, ist die Reform der Wehrpflicht in meinen Augen sinnlos.

Ich schlug im Duden-Büchlein „Komma, Punkt und alle anderen Satzzeichen” nach und fand folgende Information: Formelhafte Partizipgruppen stehen in der Regel ohne Kommas im Satz. Als Beispiele werden angeführt: genau genommen, genau betrachtet, streng genommen, im Grunde genommen, wie gesagt, offen gesagt, davon abgesehen, abgesehen davon, so gesehen. Wir sehen: Diese Formulierungen bestehen aus einem Partizip II, kombiniert mit wenigen anderen Wörtern.

Richtigerweise müsste der oben stehende Satz also folgendermaßen lauten:

Genau genommen ist die Reform der Wehrpflicht in meinen Augen sinnlos.

Die oben genannte Liste ist nicht als vollständige Liste zu verstehen. Fragt sich nur, was genau als formelhafte Partizipgruppe zu verstehen ist. Etwa statistisch betrachtet auch? Also so, ohne Komma:

Statistisch betrachtet bekommt jede Frau in Österreich 1,2 Kinder.

Ich denke, auch dieser Fall ist durch die erwähnte Regel abgedeckt.

Praktischerweise ist die Kommasetzung bei Partizipgruppen mit Partizip II, die nicht als „formelhafte Partizipgruppen” verstanden werden, freigestellt:

Von diesem Standpunkt aus betrachtet[,] stellt sich die Situation schon ganz anders da.
Auf die Gesamtbevölkerung hochgerechnet[,] ergibt das einen sehr hohen Bierkonsum pro Jahr.

Ich interpretiere demnach die „formelhafte Partizipgruppe” in dem Sinne, dass sie kurz und knackig ist und nicht, wie in den oben stehenden Fällen, durch mehrere zusätzliche Wörter oder Wortgruppen erweitert ist. Das entscheidende Element scheint mir hier also die Länge zu sein – und auch die Häufigkeit der Verwendung. Hier ist natürlich einiges subjektiv, aber wir sind uns sicher einig, dass die Formulierung genau genommen deutlich häufiger verwendet wird als auf die Gesamtbevölkerung hochgerechnet und deshalb erstere als formelhafte Partizipgruppe gelten darf, zweitere aber nicht. Wie seht ihr das?