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Lustige Austriazismen

ÖsterreichWeil heute Freitag ist und damit das Wochenende vor der Tür steht, möchten wir es etwas gemütlicher angehen … und uns mal nicht mit Kommasetzung, Groß-/Kleinschreibung oder Zusammen-/Getrenntschreibung etc. beschäftigen. Sondern mit etwas, das immer für Heiterkeit sorgt: die österreichische Variante des Deutschen.

Deshalb gibt es heute ein lustiges Ratespiel.

Wer ohne Nachschlagen ungefähr errät, was die unten beschriebenen Begriffe bedeuten (zwei davon stammen aus der österreichischen Amtssprache), bekommt eine virtuelle Mozartkugel. Bitte eure Vermutungen hier als Kommentare posten. Einheimische dürfen natürlich nicht mitmachen … das wäre ja fad.

  1. urgieren
  2. taxativ
  3. genieren
  4. Schlurf
  5. Wiglwagl

Austriazismen für Neulinge

Vor wenigen Tagen hielt ich mit meiner Zwillingsschwester einen Vortrag bei der Jahreskonferenz des amerikanischen Übersetzungsverbandes ATA (American Translators Association). Unsere Präsentation stand ganz im Zeichen der in Österreich üblichen Varietät des Deutschen und nannte sich „Austriazismen für Neulinge″. Im Doppelpack brachten wir unserem Publikum Kuriositäten des österreichischen Sprachgebrauchs näher und hatten dabei eine große Gaudi, pardon, ziemlich viel Spaß. Den Rückmeldungen zufolge hat es auch den Zuhörerinnen und Zuhörern eine ganze Menge Spaß gemacht. Genau genommen gingen wir weit über Austriazismen hinaus, da sich dieser Begriff ausschließlich auf die Lexik bezieht. Wir behandelten auch Aspekte der Aussprache und einige wenige Unterschiede bei der Rechtschreibung (Geschoss vs. Geschoß), die Verwendung von Präpositionen (Urlaub auf dem Bauernhof in Deutschland und Urlaub am Bauernhof in Österreich, siehe auch hier), Wortbildung (Stichwort: Fugenzeichen) und Grammatik: In Österreich wird das Perfekt bei Verben der Körperhaltung immer mit sein gebildet: Ich bin gesessen. Ich bin gehockt. Ich bin gelegen.

Besonders gut kam die österreichische Tendenz zur Verniedlichung an: Häferl, Stockerl, Leiberl … und überhaupt: Darf“s ein bisserl mehr sein? Für großes Gelächter sorgte auch der Werbeslogan der Stadt Wien und deren Hundstrümmerl-Initiative: Nimm ein Sackerl für mein Gackerl. Der Slogan hat bei seiner Einführung die Gemüter in Wien ziemlich erhitzt; bei der ATA-Konferenz im sonnigen San Diego war’s ein echter Schenkelklopfer.

Da der Vortrag so gut angekommen ist, überlegen wir, bei der kommenden Konferenz in San Antonio, Texas, über „Austriazismen für Fortgeschrittene“  zu plaudern, also zu erzählen. Da werden wir unser Publikum mit besonders kniffligen Austriazismen quälen, etwa: Der Kolporteur ist seit gestern abgängig.

Weiß jemand von euch ohne nachzusehen, was Kolporteur und abgängig bedeutet? Wer südlich des legendären Weißwurstäquators wohnt, möge bitte nicht mitmachen, denn dann wäre es nur halb so lustig.

Von Austriazismen und anderen Wunderlichkeiten

Bitte die Überschrift nicht falsch zu verstehen: Aus meiner Sicht sind Austriazismen überhaupt nicht wunderlich, sondern ein schöner Ausdruck regionaler Sprachvarietät, die auf keinen Fall negiert werden soll. Bei einigen Wörtern war es mir jahrelang gar nicht bewusst, dass sie in (Nord-)Deutschland nicht verwendet werden, etwa heuer für dieses Jahr. Gleichzeitig habe ich den Eindruck, dass Austriazismen von Deutschen sehr viel schlechter verstanden werden als „bundesdeutsche“ Eigenarten der deutschen Sprache von uns Österreicherinnen. Ob das an mangelndem Willen liegt oder an der größeren Präsenz des Bundesdeutschen in Österreich als des „Österreichischen“ in Deutschland (etwa durch die Medien), sei mal dahingestellt.

Ein regelmäßiger Leser des Blogs war so freundlich, mir eine Liste echter und angeblicher Austriazismen per E-Mail zu schicken. Angeblich deshalb, weil ich einige dieser Wörter hier in Österreich noch nie gehört habe. Das heißt zwar nicht, dass sie nicht in irgendeiner Ecke des Landes verwendet werden, aber besonders geläufig sind sie nicht. Dazu gehören etwa Ananas für Erdbeere (was frau nur sehr selten auf Märkten in Wien hört), Apfelkoch für Apfelmus habe ich noch nie gehört, Distinktion für Auszeichnung sagt vermutlich nicht mal die Upper-Class, Fallott für Kleinkrimineller ist mir überhaupt kein Begriff. Sehr gängig wiederum, wenn auch nicht in der Schriftsprache, ist Gatsch für Schlamm, ebenso wie Hosensack für Hosentasche und Hundstrümmerl für Hundehaufen. Dass hier in Österreich Kassa anstatt Kasse gesagt und geschrieben wird, dürfte hinlänglich bekannt sein. Und dass wir eher Melanzani anstatt Aubergine essen (die Kulinarik ist sowieso ein Thema für sich!). Nachtmahl oder Nachtessen anstelle von Abendessen kommt mir hingegen sehr, sehr spanisch vor. Möglicherweise hat dieser Begriff noch irgendwo am Land überlebt, aber in der Stadt sicher nicht. Sehr typisch ist Parte für Todesanzeige, was ich selbst (als langjährige Auslandsösterreicherin) erst vor wenigen Jahren mit Erstaunen gelernt habe. Und zu guter Letzt gehen wir hier natürlich nicht mit Tüten, sondern mit Sackerln einkaufen. Sehr Fortgeschrittene bestellen am Würstelstand eine Eitrige und bekommen eine Käsekrainer.

Weitere Beiträge jederzeit gerne willkommen! Wir lesen uns in ein paar Tagen, da ich derzeit viel unterwegs bin. Vorerst geht es nach Innsbruck, wo das „Österreichische“ in seiner Tiroler Ausprägung besonders charmant rüberkommt.