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Der Deppenapostroph in Höchstform
Das neue Jahr fängt ja orthografisch gut an: Komme gerade aus Zürich zurück, wo ich die Einheimischen so gut wie gar nicht verstanden habe. Frisch zurück in Wien bin ich auf eine Website (deren URL ich hier tunlichst verschweige) gestoßen, auf der der Deppenapostroph fröhliche Urständ feiert. Zur Erinnerung: Ein Deppenapostroph ist ein Apostroph, der dort eingefügt wird, wo er absolut nichts zu suchen hat. Zu den Klassikern zählen etwa der Apostroph beim Plural (*Pulli’s) und beim Genitiv-s bei Eigennamen (*Lisi’s Mütze). Darüber hinaus sind aber der Kreativität beim Deppenapostroph ganz offensichtlich keine Grenzen gesetzt.
Auch hier (siehe Screenshot; zum Vergrößern bitte klicken) dreht sich alles um einen Genitiv, und zwar des Wortes Erfolg. Besonders schlimm wirkt der Deppenapostroph bei zusammengesetzten Substantiven. Schwer zu sagen, was mehr weh tut: die *Erfolg’sArchitektur, die Erfolg’sSäulen, die Erfolg’sZone, die Realisierung Ihres *Erfolg’s … oder doch die Erfolg’sLeistungen? Angesichts dieser Gruseligkeiten nimmt sich die absurde Praxis, mitten im Wort unmotiviert Großbuchstaben zu verwenden, noch vergleichsweise harmlos aus.
Die Autorin geht aber noch einen Schritt weiter und begnügt sich nicht mit dem Deppenapostroph allein, sondern ersetzt ihn kurzerhand durch einen Gravis, den wir als accent grave etwa aus dem Französischen kennen, wie bei mère, dem französischen Pendant zu Mutter.
Vor diesem Hintergrund kann das neue Jahr ja nur noch besser werden, meint die orthografische Optimistin in mir …
Gehts dem Apostroph noch gut?
Ich habe vor einiger Zeit nicht schlecht gestaunt, als ich bei der Lektüre des Duden-Bands 9 („Richtiges und gutes Deutsch“) erfuhr, dass der Apostroph in bestimmten Fällen nicht mehr notwendig ist. Hier die Details:
Wird das Pronomen es mit Verb, Pronomen oder Konjunktion zusammengezogen, kann ein Apostroph stehen oder auch nicht.
Machen Sie sich’s gemütlich!
Machen Sie sichs gemütlich!
Mir geht’s gut.
Mir gehts gut.
Vielleicht ist die Lockerung dieser Regel als Gegensteuerungs-Versuch zum viel zitierten Deppenapostroph gedacht? Ich könnte mir vorstellen, dass dies zu einer noch ausgeprägteren Alles-geht-Einstellung (ha, schönes Kompositum!) führt.
Für Rechtschreib-Profis ist folgende Regel etwas lachhaft. Weniger Bewanderte haben ihre liebe Not damit:
Kein Apostroph steht bei den üblichen Verschmelzungen aus Präposition und Artikel:
ans, aufs, durchs, fürs, hinters, ins, übers, ums, unters, vors, vorm …
Bei unüblichen oder umgangssprachlichen Verschmelzungen sollte allerdings sehr wohl ein Apostroph stehen: Wir gehen in’n Zirkus.
Katastrophen mit Apostrophen
Gut, aber orthografisch falsch sind die Schoko-Dinger von „Dickmann’s“. Warum? Ein sehr häufiger Fehler im Deutschen: Wohl in Anlehnung an den englischen Genitiv wird er fälschlicherweise oft auch im Deutschen mit Apostroph und angehängtem s gebildet. Es muss also mitnichten Dickmann’s, sondern Dickmanns heißen.
Das Gleiche gilt für Elisabeths Hütte, Fritz Muliars Lieblingskipferl und Philipps Fahrschule. Widerstehen Sie dem Drang, hier ein Apostroph vor dem s zu setzen!
Sehr oft werden seltsamerweise auch Apostrophe beim Plural gesetzt, was übrigens auch im Englischen grundverkehrt ist. Das liest sich dann so: Preishit’s, Bikini’s, Euro’s und lässt Sprachprofis erschaudern. Hierbei haben wir es mit dem „Deppenapostroph“ zu tun. Hervorragende Katastrophen mit Apostrophen können Sie hier nachlesen: www.deppenapostroph.de