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Kennen lernen oder kennenlernen: die salomonische Antwort

In meinem letzten Beitrag ging es um die Frage, wie geschrieben werden muss, wenn sich zwei Verben zusammentun. Wir erinnern uns: Prinzipiell wird getrennt geschrieben, wenn zwei Verben eine Einheit bilden. Das gilt sowohl für den Infinitiv als auch für die gebeugten Formen. Also so:

Ich möchte heute Nachmittag spazieren gehen.
Gestern Nachmittag sind wir spazieren gegangen.

Das ist eigentlich auch schon alles, was es zu diesem Thema zu wissen gilt – für diejenigen, die sich nicht mit den Details belasten möchten. Für die anderen: Wenn der zweite Bestandteil bleiben oder lassen ist, kann bei übertragener Bedeutung auch zusammengeschrieben werden. Also etwa so:

Wenn er so weitermacht, wird er in der Schule sitzenbleiben.

Es stand noch die oft gestellte Frage im Raum, wie sich das Verb kennen lernen/kennenlernen schreibt. Die salomonische Antwort: Beide Schreibweisen sind richtig. Ich persönlich finde das nicht wahnsinnig konsequent, zumal ja weder bleiben noch lassen vorkommt. Ich würde empfehlen, dieses Verb anhand der eingangs beschriebenen Regel immer getrennt zu schreiben. Wer allerdings nur schnell wissen möchte, wie dieses Verb zu schreiben ist und sich keine Regel merken möchte: Beides ist erlaubt.

Achtung bitte bei der Substantivierung: Sobald ein Verb als Substantiv verwendet wird, wird es stets zusammengeschrieben und natürlich auch groß. Eine Substantivierung erkennen wir unter anderem an einem vorangestellten Artikel, Pronomen oder Adjektiv. Beispiele:

Wir freuen uns auf ein Kennenlernen.
Unser Kennenlernen verlief sehr harmonisch.

Bitte schreiben Sie also keinesfalls Dinge wie:
* Bei gegenseitiger Sympathie ist ein kennen lernen nicht ausgeschlossen.
* Das Kennen Lernen anderer Kulturen ist sehr bereichernd.

Falls es irgendjemanden tröstet: Fehler bei der Großschreibung von Substantivierungen kommen sogar bei Sprachprofis gar nicht so selten vor. Was niemanden daran hindern soll, sich die entsprechenden Regeln einzuprägen. Die Substantivierung gehört meines Erachtens zu den eher einfachen Gebieten der deutschen Rechtschreibung. Also nur Mut!

Details zur Substantivierung gibt es unter anderem hier und hier.
Weiterführende Fragen beantworte ich gerne – eher ungern beantworte ich mittlerweile Fragen, bei denen es lediglich darum geht, die beschriebene Regel auf einen vergleichbaren Fall anzuwenden. Mitdenken ist stets hoch im Kurs …

Wenn sich zwei Verben zusammentun

Heute widmen wir uns wieder einmal einem grundlegenden Thema, und zwar der allseits beliebten Getrennt- und Zusammenschreibung (da in den meisten Fällen entweder getrennt oder eben zusammengeschrieben wird, sollte sie eigentlich Getrennt- oder Zusammenschreibung heißen, aber das nur am Rande).

Bei der Getrennt- und Zusammenschreibung gilt es, auf die Wortart zu achten. Es hat also keinen Sinn, sich wahllos die korrekte Schreibweise beliebiger Wörter einzuprägen. Vielmehr ist es wichtig, die Verbindungen als aus dieser oder jener Wortart bestehend identifizieren zu können und dazu die passende Regel parat zu haben.

Heute sehen wir uns mal an, was passiert, wenn sich zwei Verben zusammentun. Verben werden gerne auch Zeitwörter genannt. Dazu gehören also Wörter wie schreiben, trinken, lachen, laufen, lesen usw.

Die Regel hier ist dankenswerterweise sehr einfach: Kommen zwei Verben im Infinitiv (also in der Nennform, das heißt nicht konjugiert) zusammen, muss  getrennt geschrieben werden. Beispiele, analog zu oben: schreiben lernen, trinken gehen etc.

Ebenso verhält es sich etwa bei den folgenden Verbindungen: flöten gehen, schätzen lernen, spazieren gehen usw.

Die oben genannte Regel gilt auch bei zusammengesetzten Verbformen. Also etwa:
Ich habe die französische Literatur allmählich schätzen gelernt.

Wird eine getrennt zu schreibende Verbindung wiederum in Partizipform (hier Partizip I) als Attribut verwendet, können wir zwischen der Getrennt- und Zusammenschreibung wählen:

Der spazieren gehende Mann grüßte freundlich.
Der spazierengehende Mann grüßte freundlich.

Wer diese Info im Kopf hat, ist auf jeden Fall auf der sicheren Seite. Wer’s genauer wissen will, kann gerne weiterlesen.

Bei der Verbindung aus Verb und Verb fällt auf, dass sehr häufig bleiben oder lassen an zweiter Stelle steht. In diesen Fällen ist auch die Zusammenschreibung erlaubt, aber nur dann, wenn die Verbindung im übertragenen Sinn verwendet wird:

Sie können das Kind dort sitzen lassen. (wörtliche Bedeutung; nur Getrenntschreibung erlaubt)
Sie möchte ihren Mann sitzenlassen. (übertragene Bedeutung; auch Zusammenschreibung erlaubt)

Ausführungen zur sehr häufig auftretenden Frage kennen lernen vs. kennenlernen gibt es im kommenden Beitrag.