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Was kann das Österreichische Wörterbuch?

Vor kurzem erschien das Österreichische Wörterbuch (ÖWB) in der 42. Auflage. Wie im Vorwort so unbescheiden wie zutreffend angeführt wird, war das ÖWB für viele von uns ein treuer Begleiter in der Schulzeit. Im Vorwort wird in diesem Zusammenhang auch das Wort nostalgisch bemüht, was ich zumindest für mich bestätigen kann. Das Design der Ausgabe von anno dazumal habe ich noch immer vor dem geistigen Auge … meine Verwendung des Nachschlagwerks liegt gefühlte 100 Jahre zurück, als ich noch die Volksschulbank (= Grundschulbank) drückte. Des Weiteren ist im Vorwort zu lesen, dass das ÖWB ein Abbild der gegenwärtigen Sprache in Österreich ist:  „Es [das ÖWB] soll dem traditionsreichen österreichischen Deutsch weiterhin jenen Platz sichern helfen, der ihm innerhalb des gesamten deutschsprachigen Raums zukommt.” Klingt gut! Sehen wir, ob es hält, was es verspricht.

Im Vorwort des Duden ist von diesem Anspruch naturgemäß nichts zu lesen. Allerdings zeigt eine kleine, überhaupt nicht repräsentative Stichprobe, dass da wie dort Wörter verzeichnet sind, die dem österreichischen Deutsch zuzuordnen sind, etwa Karenz, Schmäh, KarfiolMezzanin und taxativ. Im ÖWB wiederum fehlen Begriffe, die für mich sehr typisch für Österreich sind, wie zum Beispiel trawig (im Duden wenig erstaunlich auch nicht verzeichnet; bedeutet eilig). Mag sein, dass es sich dabei um einen Regionalismus handelt, der nicht in ganz Österreich verwendet wird und deshalb nicht verzeichnet ist. Zur Auswahl der Einträge bietet das ÖWB allerdings keine Informationen. Schade.

Der Unterschied zwischen den beiden Wörterbüchern besteht darin, dass im Duden darauf verwiesen wird, dass es sich um die österreichische Sprachvarietät handelt, während ein entsprechender Hinweis im Österreichischen Wörterbuch natürlich fehlt. Es würde auch wenig Sinn ergeben, im ÖWB darauf zu verweisen, dass es sich um in Österreich verwendete Begriffe handelt.

Anders als der Duden bietet das ÖWB im Anhang Ausführungen zur deutschen Sprache in Österreich. Die sind zwar auf knapp über sechs Seiten sehr kurz gehalten, aber inhaltlich informativ. Es werden darin die Wurzeln des österreichischen Deutsch, die Merkmale desselben und auch die Aussprache und die Grammatik behandelt. Dazu gäbe es allerdings noch sehr, sehr viel mehr zu sagen. Dahinter folgen, wie im Duden auch, die amtlichen Regeln, die natürlich da wie dort die gleichen sind.

Abgesehen von diesen Informationen sehe ich ehrlich gesagt wenig Unterschied zum Duden, zumal ebendieser da und dort sogar Wörter verzeichnet, die im ÖWB fehlen. Insofern lässt das ÖWB einen Mehrwert gegenüber dem Duden vermissen. Mir persönlich ist die Nostalgie allerdings die EUR 19,95 wert. Komischerweise kann das ÖWB nicht über Amazon bestellt werden, sondern nur direkt über den Verlag, was ich ehrlich gesagt ziemlich mühsam finde. Aber bitte, hier ist der Link.