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Für Sie und Ihn

Es erstaunt mich immer wieder, dass Leute, die Deutsch als Muttersprache haben, Probleme mit den Personalpronomen haben. Für Deutschlernende stelle ich es mir etwas kompliziert vor, zu verstehen, dass, anders als in anderen Sprachen, die Höflichkeitsform mit der 3. Person Plural gebildet wird, egal ob man eine Person oder mehrere siezt. Dazu kommt, dass diese 3. Person Plural der weiblichen Form der 3. Person Singular sehr ähnlich sieht: Sie vs. sie. Da kann schon mal was durcheinanderkommen. Aber für diejenigen, die Deutsch als Muttersprache haben, sollte das kein Problem sein. Denkste!

Immer wieder sehe ich Schilder und Schriftzüge, die etwa folgende Information bieten: Eltern haften für Ihre Kinder.
Das würde ja bedeuten, dass irgendwelche Eltern für die Kinder der Person, die das Schild gerade liest, haften.

Fürst XY hat Sie zu seiner Herzdame auserkoren.
Was, mich, die Leserin dieser Zeilen? Hilfe!

In die gleiche Falle tappen auch Menschen, die berufsmäßig mit Sprache zu tun haben. Eindrucksvoll zeigt sich das auf der Website der Deo-Firma syNeo. Deren Fernseh-Werbung hatte ich während der Werbepausen bei den Olympischen Spielen so oft gesehen, dass ich letztlich doch neugierig wurde auf ein Deo, das angeblich fünf Tage lang wirkt.

An sich wäre also die Absicht hinter der Werbung aufgegangen und ich würde das Ding möglicherweise sogar kaufen, wären da nicht die haarsträubenden Fehler. Zum Hinter-die-Ohren-Schreiben: Hier kommen die Personalpronomen im Deutschen, jeweils mit einem thematisch passenden konjugierten Verb hintendran:

ich schwitze
du schwitzt
er/sie/es schwitzt
wir schwitzen
ihr schwitzt
sie/Sie schwitzen

Wir sehen, dass, wenn eine Frau schwitzt, sie das in der 3. Person Singular tut: Leider schwitzt sie sehr stark.

Wenn mehrere Frauen (oder auch Männer) schwitzen, tun sie das in der 3. Person Plural: Leider schwitzen sie sehr stark.

Die beiden Sätze unterscheiden sich wohlgemerkt nur durch das konjugierte Verb, meinen aber völlig unterschiedliche Subjekte. Wenn wir aber lesen: Leider schwitzen Sie sehr stark, dann haben wir es mit der Höflichkeitsform, also der direkten Anrede, zu tun. Das würde also bedeuten, dass die angesprochene Person sehr stark schwitzt. Das großgeschriebene Pronomen *Ihn wiederum existiert nicht, sondern nur kleingeschrieben im Akkusativ von er: Ich habe ihn zum Fressen gern.

Für Sie wäre prinzipiell in Ordnung, nach dem Motto: Wir haben ein Geschenk für Sie! Im hier abgebildeten Beispiel ist aber wohlgemerkt sie als weibliches Pendant zu er gemeint, da die Firma Produkte speziell für Frauen und für Männer herstellt. Im Sinne von für die Frau muss es natürlich für sie heißen.

Es gilt also, sich in Acht zu nehmen vor Handtüchern mit der Aufschrift Für Sie und Für Ihn, die obendrein gerne in Schweinchenrosa und Himmelblau daherkommen.

Besser kann ich persönlich es nicht erklären. Vielleicht kommt die Botschaft an.

Besonders kompliziert scheint es dann bei den Possessivpronomen zu sein. Offensichtlich ist der Unterschied zwischen ihre und Ihre auch MuttersprachlerInnen schwer verständlich zu machen. Kürzlich forderte ich eine Bestätigung des Finanzamts an, in der Folgendes zu lesen stand: Hiermit wird bestätigt, dass Frau Jenner alle Ihre Steuern entrichtet hat. Wessen Steuern? Es reicht mir, meine eigenen Steuern zu berappen. Korrekt wäre also: ihre Steuern.