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Sehr kurios: dasselbe vs. das Gleiche

Von Kindesbeinen an lernen wir, dass ein Unterschied zwischen dieselbe/derselbe/dasselbe und die gleiche/der gleiche/das gleiche besteht. Zur Illustration: Ersteres sei zu verwenden, wenn es um die Identität des Objekts oder der Person geht, also etwa: Meine Zwillingsschwester und ich haben dieselbe Mutter.

Wenn wiederum ausgedrückt werden soll, dass es um etwas Ähnliches, aber nicht exakt diese eine Person oder Gegenstand geht, sei die gleiche/der gleiche/das gleiche zu verwenden.

Also etwa: Meine Zwillingsschwester und ich haben die gleichen Schuhe.
Will heißen, dass wir uns nicht ein Paar Schuhe teilen, sondern jede ein Paar desselben Modells haben.

Zu meinem (positiven!) Erstaunen lese ich im Dudenband 9, dass diese mühsam eingepaukte Regelung offenbar nicht mehr so streng gesehen wird. Da sich meistens aus dem Zusammenhang ergibt, was gemeint ist, können diese Demonstrativpronomen synonym verwendet werden – es sei denn, es besteht Verwechslungsgefahr.

In Sachen Rechtschreibung ist es ziemlich verwirrend, dass etwa dieselbe Hose zusammengeschrieben wird, die gleiche Hose allerdings getrennt. Erklären lässt sich das vermutlich damit, dass dieselbe als verschmolzene Einheit aus die und selbe verstanden wird, bei die gleiche aber das Adjektiv gleich(e) noch als eigenständig wahrgenommen wird. Es wird aber noch schwieriger – und zwar dann, wenn danach kein Substantiv steht. Dann haben wir es nämlich mit einer Substantivierung zu tun, allerdings mit einer ebenso kuriosen:

Wenn eine Regierungschefin dasselbe tut wie eine Bürgerin, ist es dennoch nicht das Gleiche.

Mir leuchtet überhaupt nicht ein, warum dasselbe auch in dieser hier ganz offensichtlichen Substantivierung klein geschrieben werden muss, während das Gleiche, ganz korrekt, groß geschrieben wird.

Hier reiht sich vermutlich dieselbe/derselbe/dasselbe in die Reihe jener Wörter ein, die auch bei ganz offensichtlicher Substantivierung stets klein geschrieben werden (die wenigen Ausnahmefälle lassen wir jetzt mal beiseite): eine, andere, viel, wenig, meiste.

Da dies aber schon immer so war und sich mit der Reform nicht geändert hat, sind wir wohl an das Schriftbild gewöhnt und machen uns keine allzu großen Gedanken darüber. Im Zweifelsfall empfiehlt sich die mehr oder weniger elegante Umschiffung dieser Klippe.