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Der Apostroph beim Genitiv

Wer diese Überschrift schnell liest, hört womöglich schon die Alarmglocken schrillen: Ist nun auch die Autorin dieser Zeilen dem Deppenapostroph à la *Michi’s Auto und *Manuela’s Katze zum Opfer gefallen? Nein, keinesfalls. Denn:

Es stimmt, dass Apostrophe beim Genitiv, anders als im Englischen, die absolute Ausnahme sind. Aber es gibt sie. Und in bestimmten Fällen sind sie Pflicht. Diese Fälle sind zugegebenermaßen eher selten. Sehr oft bietet sich auch eine Umformulierung an, die sich obendrein eleganter liest und besser klingt. Aber fangen wir mal ganz am Anfang an.

Es mögen sich bitte alle, die mit der deutschen Rechtschreibung auf Kriegsfuß stehen, bitte zumindest eines merken: Der Genitiv wird im Deutschen nicht mit Apostroph gebildet. Noch einfacher gesagt: Der Genitiv ist der zweite Fall, auch Wesfall genannt, und beschreibt, wenn etwas zu jemandem gehört. Damit ist der Genitiv also der Fall der Zugehörigkeit oder auch der Herkunft. Wenn das grüne Auto meiner Freundin Helga gehört, heißt das auf Deutsch Helgas Auto, während es im Englischen Helga’s car heißen würde. So weit, so klar – hoffentlich.

So, nun gibt es aber Eigennamen bzw. Substantive, die folgende Endungen haben und üblicherweise nicht von einem Artikel begleitet werden: -s, -ss, -ß, -tz, -x, -ce.
Beispiele: Jorge Luis Borges, Bregenz, Günter Grass, Chamonix usw.

In diesen Fällen darf nicht wie im oben genannten Beispiel ein -s beim Genitiv drangehängt werden. Das würde sehr kurios aussehen:

*Jorge Luis Borgess Lebenswerk ist wenig umfangreich.

Vielmehr ersetzt in solchen Fällen ein Apostroph das Genitiv-s. Es muss also heißen:

Jorge Luis Borges‘ Lebenswerk ist wenig umfangreich.

Davon abgesehen ist es in meiner Einschätzung sowieso phonetisch schöner, den Satzinhalt folgendermaßen auszudrücken:

Das Lebenswerk von Jorge Luis Borges ist wenig umfangreich.

Abschließend: Wer hier nur kurz vorbeisurft, sich wenig für die Details der deutschen Rechtschreibung interessiert und sich deshalb nur eine Regel merken möchte: Finger weg vom Apostroph beim Genitiv! Rechtschreib-Fans wiederum werden sich auch für die oben stehenden Ausführungen interessieren.

Kommentare und Meinungen jederzeit willkommen.

Genitivbildung bei Lehnwörtern aus dem Englischen

Kürzlich beschrieb ein Leser eine schwierige Frage in einem Kommentar. Sie lautete folgendermaßen:

Wie ist das eigentlich mit dem Deklinieren fremdsprachiger Substantive und feststehender Wendungen in einem deutschen Satz? Das ist gerade dann immer wieder ein Problem, wenn sich diese Substantive oder Wendungen nicht übersetzen lassen, ohne dass bei der Übersetzung ein Teil des Sinns verloren geht.
Beispiel: Die Wendung Good War beschreibt im Englischen eine spezifische Wahrnehmung des Zweiten Weltkrieges, die sich nicht so einfach mit guter Krieg übersetzen lässt. Heißt es dann des Good War oder des Good Wars? Oder des Good War’s (um das Genitiv-s besonders zu betonen …)?

Keine einfache Frage. Ich fange mal am Schluss an: Auch wenn es verständlich ist, auf die grammatikalischen Regeln den Englischen zurückgreifen zu wollen, darf im Deutschen der Genitiv nicht mit Apostroph und -s gebildet werden.

In Band 9 schreibt der Duden Folgendes:

Der Genitiv wird bei aus dem Englischen entlehnten Wörtern auf -ing mit -s gebildet: die Vorzüge des Leasings. Bei seltener gebrauchten und insbesondere eigennamenähnlichen Fremdwörtern wird das Genitiv-s häufig weggelassen (besser ist die Form mit -s: die Schreibung des griechischen Beta[s]).

Natürlich endet Good War nicht auf -ing, weshalb der erste Fall keine Anwendung findet. Der zweite Fall bezieht sich wohl gleichermaßen auf Substantive, die aus dem Englischen entlehnt sind, als auch auf solche aus anderen Sprachen. Frau und man beachte das wunderschöne Adjektiv eigennamenähnlich. Darum handelt es sich meines Erachtens bei Good War. Angesichts der Formulierung im Dudenband denke ich, dass hier einiges an Entscheidungsspielraum besteht. Anscheinend gibt es hier keine verbindliche Regel und der Duden beschreibt vielmehr den vorherrschenden Usus beim Umgang mit diesen Fällen. In meinen Ohren klingt der Genitiv des Good War am schönsten. Wie geht es den anderen Expertinnen und Experten da draußen?

Der Deppenapostroph in Höchstform

erfolgsarchitektur-framed2Das neue Jahr fängt ja orthografisch gut an: Komme gerade aus Zürich zurück, wo ich die Einheimischen so gut wie gar nicht verstanden habe. Frisch zurück in Wien bin ich auf eine Website (deren URL ich hier tunlichst verschweige) gestoßen, auf der der Deppenapostroph fröhliche Urständ feiert. Zur Erinnerung: Ein Deppenapostroph ist ein Apostroph, der dort eingefügt wird, wo er absolut nichts zu suchen hat. Zu den Klassikern zählen etwa der Apostroph beim Plural (*Pulli’s) und beim Genitiv-s bei Eigennamen (*Lisi’s Mütze). Darüber hinaus sind aber der Kreativität beim Deppenapostroph ganz offensichtlich keine Grenzen gesetzt.

Auch hier (siehe Screenshot; zum Vergrößern bitte klicken) dreht sich alles um einen Genitiv, und zwar des Wortes Erfolg. Besonders schlimm wirkt der Deppenapostroph bei zusammengesetzten Substantiven. Schwer zu sagen, was mehr weh tut: die *Erfolg’sArchitektur, die Erfolg’sSäulen, die Erfolg’sZone, die Realisierung Ihres *Erfolg’s … oder doch die Erfolg’sLeistungen? Angesichts dieser Gruseligkeiten nimmt sich die absurde Praxis, mitten im Wort unmotiviert Großbuchstaben zu verwenden, noch vergleichsweise harmlos aus.

Die Autorin geht aber noch einen Schritt weiter und begnügt sich nicht mit dem Deppenapostroph allein, sondern ersetzt ihn kurzerhand durch einen Gravis, den wir als accent grave etwa aus dem Französischen kennen, wie bei mère, dem französischen Pendant zu Mutter.

Vor diesem Hintergrund kann das neue Jahr ja nur noch besser werden, meint die orthografische Optimistin in mir …

Gehts dem Apostroph noch gut?

Ich habe vor einiger Zeit nicht schlecht gestaunt, als ich bei der Lektüre des Duden-Bands 9 („Richtiges und gutes Deutsch“) erfuhr, dass der Apostroph in bestimmten Fällen nicht mehr notwendig ist. Hier die Details:

Wird das Pronomen es mit Verb, Pronomen oder Konjunktion zusammengezogen, kann ein Apostroph stehen oder auch nicht.

Machen Sie sich’s gemütlich!
Machen Sie sichs gemütlich!

Mir geht’s gut.
Mir gehts gut.

Vielleicht ist die Lockerung dieser Regel als Gegensteuerungs-Versuch zum viel zitierten Deppenapostroph gedacht? Ich könnte mir vorstellen, dass dies zu einer noch ausgeprägteren Alles-geht-Einstellung (ha, schönes Kompositum!) führt.

Für Rechtschreib-Profis ist folgende Regel etwas lachhaft. Weniger Bewanderte haben ihre liebe Not damit:

Kein Apostroph steht bei den üblichen Verschmelzungen aus Präposition und Artikel:
ans, aufs, durchs, fürs, hinters, ins, übers, ums, unters, vors, vorm
Bei unüblichen oder umgangssprachlichen Verschmelzungen sollte allerdings sehr wohl ein Apostroph stehen: Wir gehen in’n Zirkus.

Adjektive aus Eigennamen: Kleinschreibung

Anschließend an meinen letzten Beitrag geht es diesmal darum, wie Adjektive geschrieben werden, die auf Eigennamen basieren und auf -(i)sch enden.

Hier gab es früher eine kuriose Regelung, auf die ich nicht näher eingehen möchte. Seit der neuen deutschen Rechtschreibung ist die Angelegenheit vergleichsweise einfach: Das entsprechende Adjektiv wird kleingeschrieben, also z.B.

das foucaultsche Pendel, das ohmsche Gesetz, die mendelschen Regeln, die schillerschen Balladen, die grimmschen Märchen, eine freudsche Fehlleistung.

Wenn die Verbindung zwischen Adjektiv und Substantiv aber als feste Verbindung hervorgehoben werden soll, darf das Adjektiv auch großgeschrieben werden:

die Grimm’schen Märchen, das Ohm’sche Gesetz.
Wichtig: Hier muss die Nachsilbe mit einem Apostroph abgetrennt werden.

Wenn Ihnen das zu kompliziert ist, sind Sie mit der oben angeführten Kleinschreibung aber sowieso immer auf der sicheren Seite.