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Derselbe, aber der gleiche

p10901921Ein aufmerksamer Leser warf kürzlich die Frage auf, warum es derselbe/dieselbe/dasselbe heißt, dahingegen aber der gleiche/die gleiche/das gleiche. Warum dem so ist, kann ich leider nicht abschließend beantworten, aber ich vermute, dass derselbe & Co. im Laufe der Zeit zu einer Einheit verschmolzen sind, während dieser Prozess bei der gleiche etc. noch andauert. Möglicherweise wird es aber auch irgendwann so weit sein.

Weiterer Erklärungsversuch: Das Wort gleiche ist ein Adjektiv, weshalb es Sinn ergibt, dass es auch allein stehen kann. Dieses Adjektiv kann sowohl attributiv (das gleiche Wort) als auch prädikativ (das ist mir gleich) verwendet werden. Selbe ist allerdings auch ein Adjektiv, wenn auch ein eher selten verwendetes, etwa in der Wendung zur selben Zeit. Hier fällt auf, dass dieses Adjektiv nur attributiv verwendet werden kann. So oder so taugt dieser Erklärungsansatz wohl nur bedingt.

Übrigens, weil auch die Frage nach der Wortart aufgeworfen wurde: Derselbe/dieselbe/dasselbe sind Demonstrativpronomen; ebenso wie der gleiche/die gleiche/das gleiche.

Der erwähnte Leser würde also gerne Folgendes schreiben: Er unterrichtet die selbe Methode wie sein Lehrer.

Das kann ich angesichts der Ausführungen oben zwar nachvollziehen, allerdings unterstreicht das die Rechtschreibprüfung des Lesers zu Recht.

Zum Foto: Das Bild zeigt zwei nicht ganz identische Fünftausender an der Grenze zwischen Chile und Bolivien.

Sehr kurios: dasselbe vs. das Gleiche

Von Kindesbeinen an lernen wir, dass ein Unterschied zwischen dieselbe/derselbe/dasselbe und die gleiche/der gleiche/das gleiche besteht. Zur Illustration: Ersteres sei zu verwenden, wenn es um die Identität des Objekts oder der Person geht, also etwa: Meine Zwillingsschwester und ich haben dieselbe Mutter.

Wenn wiederum ausgedrückt werden soll, dass es um etwas Ähnliches, aber nicht exakt diese eine Person oder Gegenstand geht, sei die gleiche/der gleiche/das gleiche zu verwenden.

Also etwa: Meine Zwillingsschwester und ich haben die gleichen Schuhe.
Will heißen, dass wir uns nicht ein Paar Schuhe teilen, sondern jede ein Paar desselben Modells haben.

Zu meinem (positiven!) Erstaunen lese ich im Dudenband 9, dass diese mühsam eingepaukte Regelung offenbar nicht mehr so streng gesehen wird. Da sich meistens aus dem Zusammenhang ergibt, was gemeint ist, können diese Demonstrativpronomen synonym verwendet werden – es sei denn, es besteht Verwechslungsgefahr.

In Sachen Rechtschreibung ist es ziemlich verwirrend, dass etwa dieselbe Hose zusammengeschrieben wird, die gleiche Hose allerdings getrennt. Erklären lässt sich das vermutlich damit, dass dieselbe als verschmolzene Einheit aus die und selbe verstanden wird, bei die gleiche aber das Adjektiv gleich(e) noch als eigenständig wahrgenommen wird. Es wird aber noch schwieriger – und zwar dann, wenn danach kein Substantiv steht. Dann haben wir es nämlich mit einer Substantivierung zu tun, allerdings mit einer ebenso kuriosen:

Wenn eine Regierungschefin dasselbe tut wie eine Bürgerin, ist es dennoch nicht das Gleiche.

Mir leuchtet überhaupt nicht ein, warum dasselbe auch in dieser hier ganz offensichtlichen Substantivierung klein geschrieben werden muss, während das Gleiche, ganz korrekt, groß geschrieben wird.

Hier reiht sich vermutlich dieselbe/derselbe/dasselbe in die Reihe jener Wörter ein, die auch bei ganz offensichtlicher Substantivierung stets klein geschrieben werden (die wenigen Ausnahmefälle lassen wir jetzt mal beiseite): eine, andere, viel, wenig, meiste.

Da dies aber schon immer so war und sich mit der Reform nicht geändert hat, sind wir wohl an das Schriftbild gewöhnt und machen uns keine allzu großen Gedanken darüber. Im Zweifelsfall empfiehlt sich die mehr oder weniger elegante Umschiffung dieser Klippe.