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Liebe Alle?!

Ich kriege regelmäßig die Krise, wenn ich Beiträge von Sprachprofis (!) lese, die an eine größere Gruppe Leute gerichtet sind (etwa in Online-Foren) und mit „Liebe Alle” beginnen. Abgesehen davon, dass mich die Anrede, wohl eine direkte Übersetzung des englischen „Dear all”, nicht so wahnsinnig glücklich macht, fällt es mir schwer zu glauben, dass ausgerechnet Sprachprofis nicht wissen, wie man alle schreibt. Genau: Dieses Wort wird kleingeschrieben. Ebenso verhält es sich mit eine(e), andere(r), viel(e), wenige, meiste.

Beispiele:

Die eine oder andere wird sich sicher dazu bereit erklären.
Die meisten haben wieder mal keine Zeit.
Soll das doch wer anderer machen!
Ich ersuche alle, pünktlich zur kommenden Sitzung zu erscheinen.
Die meisten sind mit wenigem zufrieden.

In meinem Dudenbüchlein „So schreibt man jetzt!” ist nachzulesen, dass ausnahmsweise dann großgeschrieben werden darf, wenn das Adjektiv nicht als unbestimmtes Zahlwort verstanden werden soll. Als Beispiele werden folgende angeführt:

Der Präsident strebte etwas ganz anderes, auch Anderes (etwas Andersartiges/völlig Neues) an.
Es sind viele, auch: Viele dafür, die meisten, auch: Meisten sind aber dagegen. 

Auch wenn besonders im ersten Satz die Großschreibung logischer erscheint, würde ich mir als Faustregel die Kleinschreibung der oben genannten Zahlwörter merken.

Alle anderen Zahladjektive, die den Indefinitpronomen (unbestimmte Fürwörter) nahestehen, werden großgeschrieben. Dazu gehören unter anderem: jede Einzelne, jeder Einzelne, das Ganze, als Ganzes, das Geringste, alles Mögliche, alles Übrige, allerhand Verschiedenes, alles Weitere etc.

Für Sie und Ihn

Es erstaunt mich immer wieder, dass Leute, die Deutsch als Muttersprache haben, Probleme mit den Personalpronomen haben. Für Deutschlernende stelle ich es mir etwas kompliziert vor, zu verstehen, dass, anders als in anderen Sprachen, die Höflichkeitsform mit der 3. Person Plural gebildet wird, egal ob man eine Person oder mehrere siezt. Dazu kommt, dass diese 3. Person Plural der weiblichen Form der 3. Person Singular sehr ähnlich sieht: Sie vs. sie. Da kann schon mal was durcheinanderkommen. Aber für diejenigen, die Deutsch als Muttersprache haben, sollte das kein Problem sein. Denkste!

Immer wieder sehe ich Schilder und Schriftzüge, die etwa folgende Information bieten: Eltern haften für Ihre Kinder.
Das würde ja bedeuten, dass irgendwelche Eltern für die Kinder der Person, die das Schild gerade liest, haften.

Fürst XY hat Sie zu seiner Herzdame auserkoren.
Was, mich, die Leserin dieser Zeilen? Hilfe!

In die gleiche Falle tappen auch Menschen, die berufsmäßig mit Sprache zu tun haben. Eindrucksvoll zeigt sich das auf der Website der Deo-Firma syNeo. Deren Fernseh-Werbung hatte ich während der Werbepausen bei den Olympischen Spielen so oft gesehen, dass ich letztlich doch neugierig wurde auf ein Deo, das angeblich fünf Tage lang wirkt.

An sich wäre also die Absicht hinter der Werbung aufgegangen und ich würde das Ding möglicherweise sogar kaufen, wären da nicht die haarsträubenden Fehler. Zum Hinter-die-Ohren-Schreiben: Hier kommen die Personalpronomen im Deutschen, jeweils mit einem thematisch passenden konjugierten Verb hintendran:

ich schwitze
du schwitzt
er/sie/es schwitzt
wir schwitzen
ihr schwitzt
sie/Sie schwitzen

Wir sehen, dass, wenn eine Frau schwitzt, sie das in der 3. Person Singular tut: Leider schwitzt sie sehr stark.

Wenn mehrere Frauen (oder auch Männer) schwitzen, tun sie das in der 3. Person Plural: Leider schwitzen sie sehr stark.

Die beiden Sätze unterscheiden sich wohlgemerkt nur durch das konjugierte Verb, meinen aber völlig unterschiedliche Subjekte. Wenn wir aber lesen: Leider schwitzen Sie sehr stark, dann haben wir es mit der Höflichkeitsform, also der direkten Anrede, zu tun. Das würde also bedeuten, dass die angesprochene Person sehr stark schwitzt. Das großgeschriebene Pronomen *Ihn wiederum existiert nicht, sondern nur kleingeschrieben im Akkusativ von er: Ich habe ihn zum Fressen gern.

Für Sie wäre prinzipiell in Ordnung, nach dem Motto: Wir haben ein Geschenk für Sie! Im hier abgebildeten Beispiel ist aber wohlgemerkt sie als weibliches Pendant zu er gemeint, da die Firma Produkte speziell für Frauen und für Männer herstellt. Im Sinne von für die Frau muss es natürlich für sie heißen.

Es gilt also, sich in Acht zu nehmen vor Handtüchern mit der Aufschrift Für Sie und Für Ihn, die obendrein gerne in Schweinchenrosa und Himmelblau daherkommen.

Besser kann ich persönlich es nicht erklären. Vielleicht kommt die Botschaft an.

Besonders kompliziert scheint es dann bei den Possessivpronomen zu sein. Offensichtlich ist der Unterschied zwischen ihre und Ihre auch MuttersprachlerInnen schwer verständlich zu machen. Kürzlich forderte ich eine Bestätigung des Finanzamts an, in der Folgendes zu lesen stand: Hiermit wird bestätigt, dass Frau Jenner alle Ihre Steuern entrichtet hat. Wessen Steuern? Es reicht mir, meine eigenen Steuern zu berappen. Korrekt wäre also: ihre Steuern.

Ich wünsche prosit Neujahr – immer kleingeschrieben!

Anfang Dezember schrieb ich an dieser Stelle über häufige Fehlerquellen bei Weihnachtswünschen. Heute geht es um orthografisch richtige Neujahrswünsche. Dass das Adjektiv neu in ich wünsche ein schönes neues Jahr kleingeschrieben wird, hatte ich bereits behandelt (siehe Link oben).

Aber wie sieht es aus, wenn man oder frau in Verbindung mit prosit zum neuen Jahr gratulieren möchte?

In der Verbindung prosit Neujahr darf prosit nur kleingeschrieben werden. Schreiben Sie also:

Ich wünsche dir und deinen Lieben prosit Neujahr!
Übrigens: Zur Frage der Groß- oder Kleinschreibung der Anredepronomen (du, Sie) lesen Sie hier mehr.

Anders verhält es sich bei folgendem dämlichen Trinkspruch: ein Prosit der Gemütlichkeit.
Da der unbestimmte Artikel ein davorsteht, handelt es sich um eine Substantivierung (wie in fast allen Fällen, wenn ein bestimmter oder unbestimmter Artikel vorhanden ist).

In diesem Sinne wünsche ich allen Leserinnen prosit Neujahr und freue mich auf ein Wiederlesen im neuen Jahr!

So schreibt man „beide“

In letzter Zeit bekomme ich oft E-Mails, die sowohl an mich als auch an eine zweite Person gehen. Oft lese ich dann in der Anrede Hallo ihr Beiden. Während sowohl die Schreibweise ihr beide als auch ihr beiden korrekt ist, gibt es bei der Groß- oder Kleinschreibung von beide keine Wahlfreiheit. Nur die Kleinschreibung ist korrekt, weshalb hallo ihr Beiden schlicht falsch ist.

Beide schreibt sich immer nur klein, egal, in welcher Kombination:
beide Male, alles beide[s], einer von beiden, wir beide, mit unser beider Hilfe etc.

Übrigens, für besonders aufmerksame Sprachpuristinnen: Natürlich wäre auch die Schreibweise Hallo Ihr beiden richtig, da das Anredepronomen ihr und die entsprechenden Beugungen in der Regel kleingeschrieben, in Briefen und E-Mails aber auch großgeschrieben werden dürfen. Ebenso verhält es sich mit dem Anredepronomen du.

Groß- und Kleinschreibung: du, Sie

Ein als schwierig empfundenes Kapitel der neuen Rechtschreibung ist die korrekte Schreibung der Anredepronomen du (also 2. Person Singular) und Sie (also 3. Person Plural, die so genannte Höflichkeitsform). Ich versuche es möglichst einfach zu erklären.

Wer mit wem anderen per Sie ist, schreibt dieses Pronomen (und alle möglichen Beugungen!) immer groß:

Achtung, Sie haben Ihr Buch vergessen!
Ich gratuliere Ihnen zu Ihrem Erfolg!

Wer mit jemandem per Du ist, kann in Briefen oder E-Mails die entsprechenden Anredepronomen wahlweise klein- oder großschreiben – aber eben nur in Briefen und E-Mails:

Lieber Hans, ich danke Dir/dir für deinen/Deinen Brief.

In allen anderen Arten von Texten (z.B. Werbung, Bedienungsanleitungen, Website-Texte) müssen die Anredepronomen beim Duzen kleingeschrieben werden. Analog funktioniert es, wenn Sie mit mehreren Personen per Du sind und bei der Anrede ihr, euch etc. verwenden.

Da dies für Verwirrung sorgt, rate ich zu Folgendem:

1. Schreiben Sie das Anredepronomen Sie und alle dazugehörigen Beugungen immer groß.
2. Schreiben Sie das Anredepronomen du und alle dazugehörigen Beugungen immer klein.