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Von Austriazismen und anderen Wunderlichkeiten

Bitte die Überschrift nicht falsch zu verstehen: Aus meiner Sicht sind Austriazismen überhaupt nicht wunderlich, sondern ein schöner Ausdruck regionaler Sprachvarietät, die auf keinen Fall negiert werden soll. Bei einigen Wörtern war es mir jahrelang gar nicht bewusst, dass sie in (Nord-)Deutschland nicht verwendet werden, etwa heuer für dieses Jahr. Gleichzeitig habe ich den Eindruck, dass Austriazismen von Deutschen sehr viel schlechter verstanden werden als „bundesdeutsche“ Eigenarten der deutschen Sprache von uns Österreicherinnen. Ob das an mangelndem Willen liegt oder an der größeren Präsenz des Bundesdeutschen in Österreich als des „Österreichischen“ in Deutschland (etwa durch die Medien), sei mal dahingestellt.

Ein regelmäßiger Leser des Blogs war so freundlich, mir eine Liste echter und angeblicher Austriazismen per E-Mail zu schicken. Angeblich deshalb, weil ich einige dieser Wörter hier in Österreich noch nie gehört habe. Das heißt zwar nicht, dass sie nicht in irgendeiner Ecke des Landes verwendet werden, aber besonders geläufig sind sie nicht. Dazu gehören etwa Ananas für Erdbeere (was frau nur sehr selten auf Märkten in Wien hört), Apfelkoch für Apfelmus habe ich noch nie gehört, Distinktion für Auszeichnung sagt vermutlich nicht mal die Upper-Class, Fallott für Kleinkrimineller ist mir überhaupt kein Begriff. Sehr gängig wiederum, wenn auch nicht in der Schriftsprache, ist Gatsch für Schlamm, ebenso wie Hosensack für Hosentasche und Hundstrümmerl für Hundehaufen. Dass hier in Österreich Kassa anstatt Kasse gesagt und geschrieben wird, dürfte hinlänglich bekannt sein. Und dass wir eher Melanzani anstatt Aubergine essen (die Kulinarik ist sowieso ein Thema für sich!). Nachtmahl oder Nachtessen anstelle von Abendessen kommt mir hingegen sehr, sehr spanisch vor. Möglicherweise hat dieser Begriff noch irgendwo am Land überlebt, aber in der Stadt sicher nicht. Sehr typisch ist Parte für Todesanzeige, was ich selbst (als langjährige Auslandsösterreicherin) erst vor wenigen Jahren mit Erstaunen gelernt habe. Und zu guter Letzt gehen wir hier natürlich nicht mit Tüten, sondern mit Sackerln einkaufen. Sehr Fortgeschrittene bestellen am Würstelstand eine Eitrige und bekommen eine Käsekrainer.

Weitere Beiträge jederzeit gerne willkommen! Wir lesen uns in ein paar Tagen, da ich derzeit viel unterwegs bin. Vorerst geht es nach Innsbruck, wo das „Österreichische“ in seiner Tiroler Ausprägung besonders charmant rüberkommt.

Adressen richtig schreiben

Ein schlauer Leser hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass auf meiner eigenen Website meine Adresse nicht korrekt geschrieben ist. Ergo nimmt sich die Rechtschreibpuristin selbst an der Nase, korrigiert den Fehler und klärt auf:

Auch wenn es lange gang und gäbe war, ist es nicht mehr üblich, vor dem Ort das Landeskürzel zu schreiben. Also nicht mehr:
A-1120 Wien

Sondern schlicht:
1120 Wien

Darunter ist dann, falls der Brief ins Ausland geht, in VERSALIEN das Bestimmungsland (wer möchte, auch den Ort) zu schreiben, also etwa so:
Schlaue-Susi-Weg 25
1234 Schlauhausen oder: 1234 SCHLAUHAUSEN
SCHLAUMEIERLAND

Bei aller Liebe zur elektronischen Kommunikation wünsche ich viel Freude mit der Schneckenpost, die mir in Österreich besonders deswegen sehr sympathisch ist, weil sie eine Kundin von mir ist 🙂

FAQ oder FAQs? AGB oder AGBs?

Nach einer arbeitsbedingten Sendepause melde ich mich mit einem kniffligen Thema zurück. Die Anregung dafür stammt von einem fleißigen Blog-Leser – vielen Dank schon mal dafür! Die Frage lautete: Wie schreibt man die Abkürzungen von „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ und „Frequently asked questions“?

Eine sehr gute Frage, deren Beantwortung einiges an Recherche im Duden verlangt.
In erster Linie steht dort zu lesen (unter „Plural“ in Band 9), dass das Plural-s häufig bei Abkürzungen steht, die nicht auf -s enden, obwohl dieses drangehängte s dort nicht notwendig ist. Als Beispiel wird angeführt:

die Pkws (neben: die Pkw), auch wenn es ausgeschrieben Personenkraftwagen und nicht Personenkraftwagens heißt.

Im Eintrag „Abkürzungen“ wird dann auch das Beispiel die AGs geliefert, wobei auch da in der ausgesprochenen Variante nirgends ein finales s zu finden ist. Schließlich heißt es die Aktiengesellschaften und nicht die Aktiengesellschafts. Laut Duden ist aber *die AGen nicht möglich (auch wenn es logischer wäre). Das ist zwar einigermaßen paradox, aber andererseits sehr gut eingebürgert. Analog gilt dann, auch wenn im Duden nicht explizit angeführt, der Fall mit den AGB, die auch AGBs heißen dürfen. Ebenso verhält es sich bei WG und WGs, wobei es bei femininen Wörtern angesichts Verwechslungsgefahr von Singular und Plural besonders empfehlenswert ist, das Plural-s zu setzen.

Zu den „Frequently asked questions“ schreibt der Duden in einem analogen Fall: „Abkürzungen, die auf Zischlaute enden, bleiben stets unverändert.“ Als Beispiel wird 50 PS angeführt. Da questions auch auf einen Zischlaut endet, lautet die korrekte Abkürzung FAQ.

Ein bisschen Muße für die Muse

Erst kürzlich habe ich selbst die beiden oben genannten Begriffe verwechselt. Ist auch ziemlich verhext, da sie sowohl orthografisch als auch inhaltlich sehr nah beisammenliegen.

Muße bezeichnet laut Duden innere Ruhe, freie Zeit, um etwas zu tun, was den eigenen Interessen entspricht. Als Beispiel wird Zeit und Muße für etwas haben angeführt.
Besonders erfolgversprechend ist die Muße, wenn sie zusammen mit der Muse auftritt. Denn die Muse ist eine der neun Töchter des Zeus und der Mnemosyne und als solche die Schutzgöttin der Künste. Sehr gängig ist die Formulierung von der Muse geküsst werden, was sich laut Duden-Universalwörterbuch nur auf die Inspiration zu einem dichterischen Werk bezieht. Meines Erachtens wird diese Redewendung aber auch auf andere Gebiete des künstlerischen Schaffens angewendet.

In diesem Sinne wünsche ich allen Leserinnen viele Musenküsse und ausreichend Muße für pfiffige orthografische Überlegungen!

Von Gedankenstrichen und Leerzeichen

Anlässlich des Vulkanausbruches wurde ja plötzlich sehr viel Zug gefahren. Vielleicht erreichte mich deshalb kürzlich per E-Mail die Frage, welche Schreibweise korrekt sei, diese:

die Strecke Bozen-Verona

oder diese:

die Strecke Bozen – Verona

Gute Frage! Auch ich hatte über eine ähnliche Frage lange nachgegrübelt und im Duden gesucht. Konkret ging es bei mir um die Verwendung von Leerzeichen bei Gedankenstrichen im Falle von Zeitangaben. Also die Wahl zwischen:

Die Behandlung dauert 55–60 Minuten und
Die Behandlung dauert 55 – 60 Minuten

Um die Frage des Lesers zumindest vorab mal zum Teil zu beantworten: Es muss auf jeden Fall ein Gedankenstrich her. Die kniffligere Frage ist die nach den Leerzeichen.

Das Lustige daran ist, dass der Duden schreibt, dass kein Leerzeichen stehen darf, wodurch also beim obigen Zeitbeispiel nur die erste Variante richtig wäre. Gleichzeitig weist der Duden darauf hin, dass laut DIN 5008 (Schreib- und Gestaltungsregeln für die Textverarbeitung) sowohl vor dem Gedankenstrich als auch danach ein Leerzeichen zu stehen hat. Nun muss also jede für sich selbst entscheiden, ob sie sich eher nach dem Duden oder nach einer Norm richten möchte. Prinzipiell liegt mir eher der Duden am Herzen, aber rein optisch gefällt mir die Leerzeichen-Variante besser. Wie geht es euch dabei?