Category Archives: Zusammen-/Getrenntschreibung

Alleinreisende sind allein Reisende

business dog with a leather bagHeute sehen wir uns Komposita mit alleine bzw. allein an.

Ganz allgemein schreibt sich allein getrennt vom Verb: allein sein, allein stehen, allein reisen, allein erziehen. Bei übertragener Bedeutung wird zusammengeschrieben: Viele wollen im Alter nicht alleinstehen. (= ohne familiären Anhang leben)

Wenn allein vor einem Adjektiv steht und dieses näher bestimmt, kann getrennt oder zusammengeschrieben werden: allein gültig/alleingültig, allein verantwortlich/alleinverantwortlich, allein verbindlich/alleinverbindlich.

Ebenso verhält es sich, wenn sich das Wort allein mit Partizipien verbindet: eine allein erziehende/alleinerziehende Mutter, ein allein reisender/alleinreisender Tourist.

Folgerichtig haben wir auch bei der Substantivierung die Wahl: der Alleinreisende und der allein Reisende.

Fehler in Stein gemeißelt

In Zeiten des Internet ist kein Fehler in Stein gemeißelt, sage ich oft. Wer einen Tipp- oder Rechtschreibfehler auf der eigenen Website entdeckt, kann ihn im Handumdrehen korrigieren (vorausgesetzt, die betreffende Person legt Wert darauf). Nachdem es aber immer noch die Offline-Welt gibt, entstehen da und dort auch Fehler, die, wie bei diesem Beispiel, tatsächlich in Stein gemeißelt sind. Im Eingangsbereich des Leopold Museum in Wien, das meines Erachtens Leopold-Museum heißen sollte, finden sich die auf dem Foto abgebildeten Ausführungen. Der Kunstsammler Rudolf Leopold hat die Karriere von Egon Schiele entscheidend unterstützt und veranstaltete, so ist in Stein gemeißelt zu lesen, Schiele Ausstellungen (zum Vergrößern bitte auf das Bild klicken)Das ist natürlich sehr begrüßenswert. Allerdings handelt es sich bei Schiele Ausstellung um ein zusammengesetztes Substantiv, das im Deutschen entweder zusammengeschrieben werden muss oder mit Bindestrichen versehen werden muss. Wie viele anderen auch beobachte ich einen klaren Trend zum Weglassen des Bindestrichs und zum Getrenntschreiben von Wörtern, die im Deutschen zusammengehören. Korrekt wäre also Schiele-Ausstellung oder Schieleausstellung, wobei die zweite Variante für den Lesefluss nicht optimal ist.

Anbei noch ein paar verunglückte Komposita, willkürlich herausgegriffen aus den Nachrichten meiner Freundinnen und Freunden auf Facebook und Twitter (eine wahre Fundgrube … ich hoffe, ihr verzeiht!):

Noch zwei Tage bis zum *Mexiko Urlaub.
Leckere *Kürbis Suppe!
Ich hasse *Team Arbeit.
Wie gefällt euch diese *Foto Collage?
Ad *Pferdefleisch Skandal: bald Seepferdchen in den *Fisch Stäbchen?
Bin schon lange auf der Suche nach einem schönen *Braut Kleid.

(Das Sternchen steht wie immer für „Achtung falsch!”)

Na gut, der letzte Begriff ist erfunden. Es würde mich aber nicht wundern, bei Facebook oder Twitter auf ein *Braut Kleid zu stoßen. Also bitte merken: Zusammengesetzte Substantive – also Substantive, die sich aus mehreren Substantiven zusammensetzen – verlangen im Deutschen nach der Zusammenschreibung oder nach Bindestrichen. Getrennt ist immer falsch. 

Korrektur lesen, aber richtig

Keine Sorge, in diesem Beitrag geht es nicht um Korrekturzeichen oder Tipps zum Korrekturlesen von Texten. Als Lektorin bin ich immer wieder mit dem Überprüfen und Überarbeiten von Texten befasst, wobei ich zwischen Korrektorat und Lektorat unterscheide. Ersteres beinhaltet die Überprüfung und Korrektur von Rechtschreibung und Grammatik, wobei die meisten Fehler üblicherweise im Bereich der Kommasetzung zu finden sind. Das Lektorat geht weit darüber hinaus und beinhaltet auch stilistisches Feedback. Aber das nur am Rande.

Worum es mir heute geht, ist schlicht die Schreibweise dieser Tätigkeit: Korrektur lesen. Sehen wir uns zunächst an, mit welchen Wortarten wir es zu tun haben. Korrektur ist ganz offensichtlich ein Substantiv und lesen ein Verb. Die Regel besagt, dass Verbindungen aus Substantiv und Verb getrennt geschrieben werden müssen. Allerdings gibt es einige Ausnahmen. Bei diesen Verbindungen gilt das Substantiv als „verblasst”. Hier diejenigen Ausnahmen, die meines Erachtens im Sprachgebrauch am häufigsten vorkommen (insgesamt ist die Liste nicht lang): teilnehmen, eislaufen, heimreisen, leidtun, preisgeben, stattfinden, nottun.

Wenn das verblasste Substantiv abgetrennt wird, wird es folgerichtig kleingeschrieben:

Die Kinder laufen eis. Ich nehme am Kongress teil. Ich stehe vor Freude kopf. Die Zeugin gab ihr Geheimnis nicht preis.

Es mag vielleicht irritieren, eis im Beispiel oben kleingeschrieben zu sehen, aber wenn der Infinitiv kleingeschrieben wird, muss das gebeugte Verb natürlich auch entsprechend geschrieben werden.

Bei allen anderen Verbindungen aus Substantiv und Verb wird in zwei Wörtern geschrieben und das Substantiv groß. Hier weitere mit Korrektur lesen vergleichbare Beispiele: Tennis spielen, Folge leisten, Angst haben, Wert legen, Maschine schreiben etc.

In diesem Sinne gehe ich jetzt Griechisch lernen und die Zeitung lesen. Bis bald!

Vom Kürzertreten und anderen Freuden

Als Selbstständige kann ich theoretisch meine Arbeitszeit und mein Arbeitsvolumen selbst bestimmen. In der Praxis ist es dann aber oft so, dass ich mit superdringenden Übersetzungen, Korrektorats- und Lektoratsaufträgen überschüttet werde (Dolmetschaufträge werden glücklicherweise überwiegend lange im Voraus gebucht). Das läuft dann darauf hinaus, dass ich selbst die schlimmste Sklaventreiberin bin und tagaus, tagein nur arbeite. (Dazu kommt viel ehrenamtliche Arbeit für UNIVERSITAS AUSTRIA, den Berufsverband für Dolmetschen und Übersetzen.) Das ist auf Dauer nicht bekömmlich, wie ich regelmäßig feststelle. Sowohl bei meiner bezahlten als auch bei meiner ehrenamtlichen Arbeit bemühe ich mich deshalb, ein wenig kürzerzutreten. Dafür übe ich mich in der Kunst des Delegierens, was mir auch immer besser gelingt. Das bringt mich zum heutigen Thema: Warum wird kürzertreten zusammengeschrieben?

Da muss ich ein wenig ausholen: Das Verb kürzertreten ist die Steigerung von kurztreten, wobei Letzteres nicht wirklich verwendet wird. Die Grundregel besagt, dass Verbindungen aus Adjektiv (also hier kurz) und Verb (also hier treten) zusammengeschrieben werden müssen, wenn wir es mit dem übertragenen Sinn zu tun haben. Im wörtlichen Sinn wird getrennt geschrieben. Krasses, aber einprägsames Beispiel:

Ich werde die Torte kalt stellen. (wörtlicher Sinn)
Er möchte seinen Rivalen kaltstellen. (übertragener Sinn)

Analog verhält es sich etwa auch bei dichthalten/dicht halten, offenstehen/offen stehen, schiefgehen/schief gehen etc.

Da kurz treten bedeuten würde, im wörtlichen Sinne einen kleinen Schritt zu machen, ich aber de facto weniger arbeiten möchte, muss es bei meinen derzeitigen Bemühungen heißen: Ich versuche kürzerzutreten. Wenn der Infinitiv mit zu verwendet wird, gilt natürlich die gleiche Regel. Dass die Substantivierung, wie oben im Titel, großgeschrieben wird, versteht sich von selbst. Hoffe ich zumindest.

In diesem Sinne gehe ich jetzt kürzertreten und verbringe die Mittagspause in der Hängematte!

Augen Braunzupfen gefällig?

augen_braun1Gerade auf Geschäftsschildern finden sich ja häufig orthografische Grausamkeiten. Aber dieses Schild bei einem Frisörsalon bei mir um die Ecke in Wien schießt wirklich den Vogel ab: Es wird *Augen Braunzupfen offeriert. Wer hat noch nicht, wer will noch mal? Aber was ist, wenn die Brauen bzw. *Braun schwarz sind?

Scherz beiseite: Es ist wirklich erstaunlich, dass so ein riesiges Poster in Druck geht, ohne dass jemandem der haarsträubende Fehler auffällt. Das zeugt meines Erachtens wieder einmal von der allgemeinen Gleichgültigkeit und/oder Planlosigkeit in Sachen Rechtschreibung. Die vom Frisörsalon wissen es offensichtlich nicht besser. Der Druckerei hätte es auffallen können, auch wenn das Korrekturlesen der eingereichten Drucksachen natürlich nicht zu deren Kernkompetenz gehört. Aber es wäre ein netter Kundendienst. Vermutlich hat sich aber auch dort niemand an *Augen Braunzupfen gestört. So nach dem Motto, das ich schon nicht mehr hören kann: Hauptsache verständlich.

Der Vollständigkeit halber: Korrekt wäre natürlich Augenbrauenzupfen. Die Substantivierung von Verben habe ich wiederholt behandelt, etwa hier.