Category Archives: Groß-/Kleinschreibung

Hitparade und Wunschkonzert

Es ist ganz schön aufschlussreich, sich anzusehen, welche meiner Blog-Artikel im Laufe der letzten vier Jahre am häufigsten aufgerufen wurden. Meistens wurde das orthografische Thema, das im jeweiligen Artikel behandelt wurde, bei Google gesucht und die Suchenden „landeten” dann bei mir. Das erlaubt Rückschlüsse über die häufigsten orthografischen Unsicherheiten im deutschsprachigen Raum.

Hier die Übersicht der beliebtesten Themen:

Groß- oder Kleinschreibung nach Doppelpunkt

Kommasetzung bei „als”

Haben Sie Recht oder recht?

Kein Komma nach Grußformel!

Sprechen Sie Deutsch oder deutsch?

Vielen Dank im Voraus!

Kommasetzung bei „aber”

So schreibt man „beide”

Und weil es von der Hitparade zum Wunschkonzert nicht weit ist, hier meine Frage an euch: Zu welchem der oben genannten Themen soll ich ein kostenloses Rechtschreib-Video gestalten? Es wäre dann auf meinem YouTube-Kanal sowie im kostenlosen Bereich auf dieser Website sichtbar. Im Bezahlbereich gibt es übrigens eine ganze Menge Videos, die allesamt zum einmaligen Preis von 25 Euro zu haben sind. Vor kurzem habe ich dort wieder zwei Videos hochgeladen, eines zum Thema Apostrophe und eines zur Kommasetzung bei als.

Ich freue mich auf eure Anregungen!

 

Liebe Alle?!

Ich kriege regelmäßig die Krise, wenn ich Beiträge von Sprachprofis (!) lese, die an eine größere Gruppe Leute gerichtet sind (etwa in Online-Foren) und mit „Liebe Alle” beginnen. Abgesehen davon, dass mich die Anrede, wohl eine direkte Übersetzung des englischen „Dear all”, nicht so wahnsinnig glücklich macht, fällt es mir schwer zu glauben, dass ausgerechnet Sprachprofis nicht wissen, wie man alle schreibt. Genau: Dieses Wort wird kleingeschrieben. Ebenso verhält es sich mit eine(e), andere(r), viel(e), wenige, meiste.

Beispiele:

Die eine oder andere wird sich sicher dazu bereit erklären.
Die meisten haben wieder mal keine Zeit.
Soll das doch wer anderer machen!
Ich ersuche alle, pünktlich zur kommenden Sitzung zu erscheinen.
Die meisten sind mit wenigem zufrieden.

In meinem Dudenbüchlein „So schreibt man jetzt!” ist nachzulesen, dass ausnahmsweise dann großgeschrieben werden darf, wenn das Adjektiv nicht als unbestimmtes Zahlwort verstanden werden soll. Als Beispiele werden folgende angeführt:

Der Präsident strebte etwas ganz anderes, auch Anderes (etwas Andersartiges/völlig Neues) an.
Es sind viele, auch: Viele dafür, die meisten, auch: Meisten sind aber dagegen. 

Auch wenn besonders im ersten Satz die Großschreibung logischer erscheint, würde ich mir als Faustregel die Kleinschreibung der oben genannten Zahlwörter merken.

Alle anderen Zahladjektive, die den Indefinitpronomen (unbestimmte Fürwörter) nahestehen, werden großgeschrieben. Dazu gehören unter anderem: jede Einzelne, jeder Einzelne, das Ganze, als Ganzes, das Geringste, alles Mögliche, alles Übrige, allerhand Verschiedenes, alles Weitere etc.

Korrektur lesen, aber richtig

Keine Sorge, in diesem Beitrag geht es nicht um Korrekturzeichen oder Tipps zum Korrekturlesen von Texten. Als Lektorin bin ich immer wieder mit dem Überprüfen und Überarbeiten von Texten befasst, wobei ich zwischen Korrektorat und Lektorat unterscheide. Ersteres beinhaltet die Überprüfung und Korrektur von Rechtschreibung und Grammatik, wobei die meisten Fehler üblicherweise im Bereich der Kommasetzung zu finden sind. Das Lektorat geht weit darüber hinaus und beinhaltet auch stilistisches Feedback. Aber das nur am Rande.

Worum es mir heute geht, ist schlicht die Schreibweise dieser Tätigkeit: Korrektur lesen. Sehen wir uns zunächst an, mit welchen Wortarten wir es zu tun haben. Korrektur ist ganz offensichtlich ein Substantiv und lesen ein Verb. Die Regel besagt, dass Verbindungen aus Substantiv und Verb getrennt geschrieben werden müssen. Allerdings gibt es einige Ausnahmen. Bei diesen Verbindungen gilt das Substantiv als „verblasst”. Hier diejenigen Ausnahmen, die meines Erachtens im Sprachgebrauch am häufigsten vorkommen (insgesamt ist die Liste nicht lang): teilnehmen, eislaufen, heimreisen, leidtun, preisgeben, stattfinden, nottun.

Wenn das verblasste Substantiv abgetrennt wird, wird es folgerichtig kleingeschrieben:

Die Kinder laufen eis. Ich nehme am Kongress teil. Ich stehe vor Freude kopf. Die Zeugin gab ihr Geheimnis nicht preis.

Es mag vielleicht irritieren, eis im Beispiel oben kleingeschrieben zu sehen, aber wenn der Infinitiv kleingeschrieben wird, muss das gebeugte Verb natürlich auch entsprechend geschrieben werden.

Bei allen anderen Verbindungen aus Substantiv und Verb wird in zwei Wörtern geschrieben und das Substantiv groß. Hier weitere mit Korrektur lesen vergleichbare Beispiele: Tennis spielen, Folge leisten, Angst haben, Wert legen, Maschine schreiben etc.

In diesem Sinne gehe ich jetzt Griechisch lernen und die Zeitung lesen. Bis bald!

Weil ich es mir wert bin

Vor kurzem war ich bei einem Vortrag in der Wirtschaftskammer, bei dem es um mehr „Power für Ihr Business″ oder so ging. Ist nicht weiter wichtig, denn schließlich ist das Entscheidende das Netzwerken danach. Auch wenn sich da oft Leute tummeln, die augenscheinlich ausschließlich wegen des Büffets anwesend sind und nicht gewillt sind, mit etwas anderem als mit ihrem Handy zu kommunizieren. Wir sehen: Der Gedanke des Netzwerkens ist noch nicht ganz in den Köpfen angekommen. Aber ich schweife ab.

Klar ist, dass, wer wie ich bereits über 10 Jahre im Geschäft ist, schon so einige Vorträge gehört hat und dass deshalb selten etwas Neues dabei ist. Damit kann ich leben, denn schließlich kann nicht ständig das Rad neu erfunden werden. Wenn aber das Ganze unter Zuhilfenahme von Karteikarten schlecht vorgetragen wird und die Folien voller Rechtschreibfehler sind, werde ich unrund. Besonders, wenn die Personalpronomen der Höflichkeitsform immer wieder klein- statt großgeschrieben werden, also etwa *Gut für ihr Business oder ähnliche Grausamkeiten.

Bei der erwähnten Präsentation stand außerdem auf einer Folie in etwa Folgendes zu lesen (in diesem Fall waren immerhin die Personalpronomen richtig):

Was sind Sie Wert? Was ist Ihr Wert?

Falls sich der Ersteller der Folien etwas dabei gedacht hat, dann, dass das Wort Wert immer gleich zu schreiben ist. Das ist zwar eine löbliche Überlegung, in diesem Fall aber falsch, weil die beiden Sätze nicht vergleichbar sind. Schließlich müssen wir immer auf die Wortart achten. Im ersten Satz haben wir es mit dem Verb wert sein zu tun. Beim konjugierten Verb bleibt diese Schreibweise natürlich erhalten: Ich bin es mir wert; vergleichbar auch mit Ich bin etwas leid. Beim zweiten Satz handelt es sich um ein Substantiv, das hier ganz korrekt großgeschrieben ist. Etwas wert sein allerdings schreibt sich wie gesagt klein – und getrennt, so wie alle Verbindungen mit sein (da sein, eingeschaltet sein etc.) Das erinnert an den langjährigen Slogan einer Kosmetikfirma: Weil ich es mir wert bin.

Bei meinem eigenen Vortrag um Thema Selbstmarketing 2.0: mit unternehmerischem Denken zum Erfolg in der Translation am 13. März wird es auf jeden Fall keine Rechtschreibfehler in den Folien geben … und hoffentlich reges Interesse bei den Teilnehmenden.

Auf richtig nette Weise fies sein

Auch bei erfahrenen Sprachprofis scheint sich hartnäckig der Glaube zu halten, dass Adverbien, die den Bestandteil weise enthalten, in zwei Wörter zu zerstückeln seien und das weise großzuschreiben sei. Natürlich kommt weise – etwa in netterweise, glücklicherweise, erstaunlicherweise etc. – vom Substantiv Weise. In den erwähnten Verbindungen ist das Substantiv aber mit dem vorangehenden Adjektiv verschmolzen und zu einem Adverb geworden. Diese Verbindungen müssen immer zusammen- und kleingeschrieben werden.

Anders verhält es sich, wenn das Substantiv für sich steht. Die davorstehende Präposition in oder auf weist darauf hin, dass wir es mit einem Substantiv zu tun haben. In diesem Fall muss das Wort Weise großgeschrieben werden, etwa in folgendem Beispiel:

Sie kann auf richtig nette Weise hinterhältig und fies sein.

An den folgenden Beispielen ist, glaube ich, der Unterschied gut erkennbar:

Sie hat mir fieserweise ein Bein gestellt.
Sie hat mir in richtig fieser Weise ein Bein gestellt.

Ich würde mich freuen, in Zukunft in weniger Mails und anderen Schriftstücken von *kluger Weise, *zufälliger Weise, *frecher Weise und anderen schaurigen Formulierungen zu lesen.

Weil wir schon beim Thema sind, sehen wir uns auch gleich die richtige Schreibweise von weise im Sinne von sehr klug an. Eine Waise ist natürlich wieder etwas anderes, aber lassen wir das. Die Wirtschaftsweisen jedenfalls schreiben sich so und nicht etwa *Wirtschaftsweißen, denn in dieser Schreibweise wären sie das Gegenteil von den Wirtschaftsschwarzen. Wobei die Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft überwiegend „schwarz″ sind, also konservativ wählen. Insofern bin ich sicher eine eher untypische Wirtschaftstreibende, die mit extremer Liberalisierung und Turbokapitalismus ohne Rücksicht auf Verluste wenig am Hut hat und, vielleicht altmodisch, an so etwas wie Ethik im Berufsleben glaubt. In den vergangenen zehn Jahren meiner Selbstständigkeit hat dieser Weg auf jeden Fall sehr gut funktioniert. Mal sehen, was das nächste Jahrzehnt so bringt.